Klimagipfel:Enttäuschung in Kopenhagen

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Einige Staaten verständigen sich zwar in Kopenhagen auf eine gemeinsame Erklärung zum Klimaschutz, verzichten aber auf konkrete Vorgaben. Die Entwicklungsländer sind mit der Übereinkunft unzufrieden - und könnten sie noch ins Wanken bringen.

Die Klimakonferenz in Kopenhagen geht in eine lange Nacht. Zwar besiegelten Staats- und Regierungschefs aus 25 Staaten am späten Abend die Grundzüge für ein neues Abkommen. Doch insbesondere Entwicklungsländer sind mit der Vereinbarung unzufrieden.

Der Zwölf-Punkte-Plan sei ein "wichtiger Schritt", aber noch nicht genug, sagte US-Präsident Obama nach den Verhandlungen. (Foto: Foto: AFP)

"Das ist eine politische Erklärung, mehr nicht", sagte Stanislaus Lumumba Di-Aping, Chef der Entwicklungsländergruppe G 77, in der Nacht zum Samstag in Kopenhagen. In dieser Form sei die Absprache "nicht gerecht".

Damit könnte die Übereinkunft über Nacht noch ins Wanken geraten. Denn formal gilt sie erst, wenn das Plenum der Klimakonferenz sie auch angenommen hat. Allerdings können die Staaten versuchen, die Abmachung noch zu verändern. Vor allem kleine Inselstaaten haben Interesse an einem deutlich ehrgeizigeren Abkommen. Die Plenarsitzung sollte um zwei Uhr morgens wieder aufgenommen werden.

Nach chaotischen Verhandlungen hatte sich am späten Freitagabend ein Kompromiss abgezeichnet. Eine Gruppe wichtiger Industrie- und Schwellenländer verständigte sich auf einen Zwölf-Punkte-Plan, der im kommenden Jahr in einen neuen Klimavertrag münden soll. "Wir sind sicher, dass wir auf ein signifikantes Abkommen zulaufen", sagte US-Präsident Barack Obama. Die Vereinbarung von Kopenhagen spart jedoch viele wichtige Details aus.

Der Zwölf-Punkte-Plan sieht zwar vor, den Anstieg der Erdtemperatur auf höchstens zwei Grad zu begrenzen. Die Voraussetzung dafür, nämlich die Treibhausgas-Emissionen bis zum Jahr 2050 zu halbieren, schrieb die Gruppe jedoch nicht in ihr Papier. Auch konkrete Verpflichtungen für einzelne Staaten, ihre Emissionen zu vermindern, enthält das Schlussdokument nicht. Die Staaten wollen sie bis zum 1. Februar 2010 nachreichen.

Klarheit erreichten die Staats- und Regierungschefs jedoch bei der Überprüfung der Maßnahmen zum Klimaschutz. Vor allem China hatte bis zuletzt darauf gepocht, den Erfolg seiner Anstrengungen selbst überprüfen zu dürfen. Künftig muss sich China auch von internationalen Einrichtungen kontrollieren lassen.

Ein endgültiges Klima-Abkommen ist mit dem Kompromiss von Kopenhagen allerdings noch lange nicht erreicht. Das Zwölf-Punkte-Papier, auf das sich zunächst nur 30 Staats- und Regierungschefs geeinigt hatten, skizziert lediglich die Anforderungen an ein neues Abkommen. Dieses soll die Industriestaaten zu echten Emissionsminderungen zwingen und die Schwellenländer zu einem klimafreundlicheren Wachstum bringen.

Auch Fragen des finanziellen Ausgleichs und des Schutzes der Regenwälder soll das neue Abkommen enthalten. Ausgearbeitet werden soll es ersten Informationen zufolge bis zur nächsten Klimakonferenz, die Ende kommenden Jahres in Mexiko stattfinden wird. Vorbereitende Gespräche dafür finden bereits Mitte 2010 in Bonn statt.

Der amerikanische Präsident Barack Obama sprach am Freitagabend trotz der Defizite der Vereinbarung von Kopenhagen von einem "wichtigen Schritt, der aber noch nicht genug ist". Die Arbeit an einem neuen Abkommen werde "sehr hart und langwierig".

Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy räumte ein, der Text sei "nicht perfekt". Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel zeigte sich unzufrieden. Umweltschützer äußerten sich drastischer. "Was hier vorliegt ist ein Beispiel für absolutes Politikversagen", sagte Stefan Krug von Greenpeace. BUND-Chef Hubert Weiger nannte das Abkommen "eine Ohrfeige für das Weltklima".

Die Verhandlungen waren im Lauf des Freitags nur schleppend vorangekommen. Anders als erwartet hatte Obama das schwache Ausgangsangebot der Amerikaner nicht nachgebessert. Stattdessen stritten vor allem China und die Amerikaner über die Frage, inwieweit die Zusagen der Staaten für den Klimaschutz international überwacht werden müssen.

Das große Plenum der Klimakonferenz wollte noch in der Nacht zum Samstag über den Zwölf-Punkte-Plan beraten. Vor allem Entwicklungsländer dürften wenig begeistert sein von dem Plan der großen Staaten. Sie hatten sich zuletzt wiederholt über Alleingänge der Industrie- und Schwellenländer beschwert.

Der Welt bleibt nicht mehr viel Zeit für die Aushandlung eines neues verbindlichen Klimaschutz-Vertrags: Ende 2012 läuft das bisherige Kyoto-Protokoll aus. Allein die Ratifizierung eines neuen Abkommens kann Jahre dauern.

© SZ vom 19./20.12.2009/M. Bauchmüller, M. Balser, C. Gammelin, M. Kotynek - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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