Kirchenskandal:Besser und transparenter

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Die katholischen Bischöfe in Deutschland wollen mehr tun, um Fälle von Missbrauch aufzuklären und Opfern zu helfen. Vor allem die Kooperation mit dem Staat soll enger werden.

Von Matthias Drobinski, München

Die katholische Kirche in Deutschland will ihr System zur Aufklärung und Aufarbeitung von Fällen sexueller Gewalt gegen Kinder und Jugendliche verbessern und die Zusammenarbeit mit staatlichen Stellen intensivieren. Nach der Veröffentlichung einer Studie über die Verbreitung und die Ursachen von Missbrauch in der katholischen Kirche im vergangenen September hatte es scharfe Kritik am Umgang der Bistümer mit solchen Fällen gegeben. Auf der Frühjahrsversammlung der Bischöfe im emsländischen Lingen stellte Stefan Ackermann ein entsprechendes Programm vor; der Trierer Bischof ist Beauftragter der Bischofskonferenz für Fragen des sexuellen Missbrauchs.

Ackermann sagte, er könne sich vorstellen, dass es eine Vereinbarung zwischen Staat und Kirche oder eine von Staat und Kirche anerkannte unabhängige Kommission geben werde. Er kündigte an, die Bischofskonferenz werde einen Leitfaden für die unabhängige Aufarbeitung in den Bistümern entwickeln. Dies solle in enger Kooperation mit dem unabhängigen Beauftragten der Bundesregierung für Missbrauchsfälle, Johannes-Wilhelm Rörig, geschehen. Rörig hatte gefordert, die Kirche dürfe nicht länger in Eigenregie den Missbrauch aufarbeiten. Bis Ende Mai, so Ackermann, solle ein Treffen stattfinden, "bei dem das Arbeitsfeld ausgeleuchtet und erste Inhalte festgelegt werden". Die Bischöfe wollen zudem überprüfen lassen, wie sich das Verfahren zu Leistungen in Anerkennung zugefügten Leids verbessern lassen; dazu soll ein Gutachten in Auftrag gegeben werden. Seit 2011 zahlen die Bistümer in der Regel bis zu 5000 Euro, in Einzelfällen auch mehr, wenn Ansprüche auf Schadenersatz oder Schmerzensgeld nicht durchgesetzt werden können. Das Verfahren kritisieren Betroffene immer wieder. Ackermann teilte mit, dass bislang rund 1900 Anträge eingegangen seien; bislang seien Auszahlungen von insgesamt neun Millionen Euro befürwortet worden.

Der Osnabrücker Bischof redet seinen Amtsbrüdern ins Gewissen, mehr Vertrauen zu gewinnen

Auch die Wege, auf denen sich Betroffene an die Kirche wenden können, sollen verbessert werden, vor allem sollen unabhängige Anlaufstellen geschaffen werden - in einer Reihe von Bistümern gibt es sie bereits, in anderen nicht. Hier laufe "eine Recherche zu nichtkirchlichen Beratungsangeboten, die möglicherweise als Kooperationspartner für eine niedrigschwellige, der katholischen Kirche gegenüber vertrauliche Beratung zur Verfügung stehen könnten." Zum Aktionsplan gehört auch, die Personalaktenführung für Kleriker zu standardisieren, um Missbrauchsvorwürfe verbindlich, einheitlich und transparent zu dokumentieren.

Am Morgen hatte der gastgebende Osnabrücker Bischof Franz Josef Bode seinen Amtsbrüdern ins Gewissen geredet, die sich am Mittwoch grundsätzlich mit der Frage beschäftigten, welche Konsequenzen der Missbrauchsskandal für das Selbstverständnis der katholischen Kirche hat. "Nur eine Kirche, die reinen Herzens ist, sich in die Karten schauen lässt und transparent ist, lauter und ohne Doppelmoral, die sich der Wirklichkeit stellt, wird Vertrauen wiedergewinnen", sagte er. Beunruhigt zeigte sich Bode über die tief greifenden Differenzen in der Kirche. "Die Meinungen darüber, was uns zum Heil dient, sind gefährlich verschieden, manchmal widersprüchlich", erklärte Bode.

© SZ vom 14.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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