Voraussichtlich 50 Millionen Euro sind verloren. Wer dachte, nach Limburg hätten die katholischen Bistümer ihre Lektion gelernt, schaut in Eichstätt in einen Abgrund aus systemischem Versagen und Betrug im Umgang mit kirchlichem Vermögen. Mühsam aufgebautes Vertrauen ist erschüttert. In Eichstätt wurden offenbar einfachste Grundregeln des Controllings missachtet, es gab keine Compliance-Standards, keine verbindlichen Regeln für ethisch und rechtlich einwandfreies Investment; nicht einmal die Normen des kirchlichen Gesetzbuches wurden umgesetzt. Dies geschah in einer Mischung von Gutgläubigkeit und dem Widerstand leitender Kleriker gegen die Trennung von operativem Geschäft und unabhängiger Kontrolle. Zudem kontrollierten sich die Mitglieder der Aufsichtsorgane faktisch selbst. So wurde es den Betrügern leicht gemacht. Gut, dass die Staatsanwaltschaft nun prüft, wen sie zur Verantwortung zieht und wer möglicherweise neben den beiden Beschuldigten noch auf der Anklagebank Platz nehmen muss.
Bischof Gregor Maria Hanke räumt selbstkritisch ein, dass er früher und härter hätte eingreifen und gegensteuern müssen. Das heißt: Er hätte kirchliches Recht konsequent anwenden müssen. Auch um den Preis, dass er und seine engsten Kleriker in der Verwaltung die absolute Macht über kirchliches Vermögen abgeben. In Rechts- und Wirtschaftsfragen müssen Fachleute diese externe Kontrolle übernehmen - in Eichstätt kommt die Einsicht wohl zu spät. Es bleibt die Frage nach Haftung und Verantwortung für den größten Finanzskandal in der katholischen Kirche in Deutschland. Die sollte der Eichstätter Bischof vor Gott und seinem Gewissen zeitnah beantworten - um der Glaubwürdigkeit der Kirche willen.
Thomas Schüller , 56, ist Professor für katholisches Kirchenrecht an der Universität Münster.