Kidnapping im Ausland:G-8-Staaten wollen Lösegeldzahlungen unterbinden

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Weltweit breiten sich Entführungen aus wie eine Seuche. 50 Millionen Euro Lösegeld sind in den vergangenen fünf Jahren bezahlt worden. Jetzt wollen die G-8-Staaten potentiellen Kidnappern den Anreiz nehmen, Ausländer zu verschleppen.

Von Nico Fried, Berlin

Opfer von terroristisch motivierten Entführungen im Ausland können künftig nicht mehr damit rechnen, dass ihre Heimatregierungen sie mit Lösegeld freikaufen. Die Staats- und Regierungschefs führender Industrienationen sollen nach dem Willen der britischen G-8-Präsidentschaft auf ihrem Gipfeltreffen in Nordirland am Montag und Dienstag nächster Woche solche Zahlungen ächten. Damit soll potenziellen Entführern von vornherein jeder Anreiz genommen werden, weiter Ausländer zu verschleppen. Der britische Premierminister David Cameron hatte jüngst angekündigt, er wolle in dieser Frage mit den Teilnehmern des Treffens zu einer "deutlich sichtbaren Übereinkunft" kommen.

Keine völkerrechtlich verbindliche Regelung

In Berliner Regierungskreisen hieß es, Deutschland unterstütze das Vorhaben grundsätzlich. Es handle sich um einen umfassenden Ansatz, bei dem es nicht nur um Forderungen an Staaten gehe, sondern auch an Unternehmen, deren Mitarbeiter entführt wurden. Damit wären auch Reedereien betroffen, deren Schiffe und Besatzungen vor der Küste Afrikas von Piraten überfallen werden, um Lösegeld zu erpressen. Allerdings kann es keine völkerrechtlich verbindliche Regelung für ein Verbot von Lösegeld geben, weil dies in mehreren Ländern zu Konflikten mit nationalen Verfassungsregelungen führen würde. So regelt in Deutschland Artikel 2, Absatz 2 des Grundgesetzes das Grundrecht auf Leben und körperliche Unversehrtheit.

Nach einem im Frühjahr veröffentlichten Bericht britischer Sicherheitsbehörden sollen seit 2008 mehr als 150 Ausländer unterschiedlicher Herkunft in verschiedenen Staaten von islamistischen Terrorgruppen gekidnappt worden sein, davon allein 50 Personen im Jahr 2012. Das stelle eine Verdoppelung gegenüber dem Jahr 2011 dar. In den vergangenen fünf Jahren seien etwa 50 Millionen Euro an Lösegeld bezahlt worden. Solche Entführungen gelten als zunehmend beliebtes Instrument für Terrorgruppen, um Geld insbesondere für Waffenkäufe zu erpressen.

Großbritannien kauft nicht frei

Auf ihrem Gipfel in Camp David 2012 hatten die G-8-Staaten bereits erklärt, es komme entscheidend darauf an, der Finanzierung des Terrorismus' zu begegnen, einschließlich der auf Lösegeld ausgerichteten Entführungen. Nach Angaben aus Berlin dringt Cameron nun vehement auf eine weitergehende Formulierung.

Farc-Rebellen in Kolumbien
:Vom Kampf für die Bauern zum Handel mit Drogen

Sie begannen als militärischer Arm der kolumbianischen Kommunisten - doch ihr Kampf scheint kaum noch politisch motiviert. Mit Drogenhandel und Entführungen versetzten die Farc-Rebellen in den vergangenen Jahren viele Kolumbianer in Angst. Nun verhandeln sie erneut mit der Regierung. Für eine Lösung des blutigen Konfliktes fehlt vor allem eines: Vertrauen.

Die Regierung in London nimmt für sich in Anspruch, entführte Briten nicht freizukaufen. Deutsche Regierungen haben in den vergangenen Jahren mutmaßlich in mehreren Fällen Staatsbürger auf direktem oder indirektem Weg freigekauft. Allerdings wird dies von offizieller Seite nie bestätigt, um keine Nachahmungstäter zu animieren.

Zu den spektakulärsten Fällen gehören die Entführungen der Archäologin Susanne Osthoff im Jahr 2005 in Bagdad, die nach drei Wochen freigelassen wurde, sowie im selben Jahr die Entführung des früheren Staatssekretärs im Auswärtigen Amt, Jürgen Chrobog, der nach drei Tagen aus der Hand jemenitischer Geiselnehmer freikam. Im Jahr 2003 war in der algerischen Wüste eine Touristengruppe aus Schweizern, Deutschen und Holländern fast ein halbes Jahr lang festgehalten worden.

© SZ vom 14.06.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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