Kapitalbeteiligungen von Arbeitnehmern:"Warum brauchen wir das überhaupt?"

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Die Koalitionsparteien haben ihre Konzepte für einen Investivlohn vorgestellt. Die Union hofft trotz der höchst unterschiedlichen Ansätze auf eine schnelle Einigung. Wirtschafts- und Arbeitsmarktexperten sehen hingegen Schwächen bei beiden Modellen.

Der niedersächsische Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) hat eine rasche Einigung der großen Koalition über die Mitarbeiterbeteiligung an Unternehmen gefordert.

"Es muss 2007 eine Verständigung geben. Es sollte nicht als Wahlkampfthema für 2009 verheizt werden", sagte der stellvertretende CDU-Vorsitzende der Nachrichtenagentur dpa in Hannover.

Er erwarte, dass die Koalition aus den Vorschlägen von SPD und Union ein einheitliches Konzept erstelle, "damit der Vermögensaufbau in Arbeitnehmerhand schnell voranschreiten kann".

Die Union will im Gegensatz zu den Sozialdemokraten mit massiven Steueranreizen für eine stärkere Beteiligung von Arbeitnehmern an ihren Unternehmen sorgen. Den Vorschlag der SPD für einen "Deutschlandfonds" bezeichnete Wulff als "bürokratisch und nicht wirklich neu".

"Chancen für eine Einigung"

Beim Unions-Modell, das am Freitag in Berlin vorgestellt wurde, komme der Arbeitnehmer "zu einem echten Mitunternehmertum". Einziger Schwachpunkt sei die fehlende Insolvenzsicherung.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) will den Investivlohn bis zum Ende der Legislaturperiode einführen. Sie hoffe, dass dies trotz der unterschiedlicher Herangehensweisen von Union und SPD gelinge, sagte sie in Nürnberg.

Der CSU-Vorsitzende Edmund Stoiber sieht Chancen für eine Einigung. "Wir sind noch weit auseinander, aber ich glaube, dass es die Möglichkeit gibt, einen gemeinsamen Weg zu finden."

Der Wirtschaftsexperte Professor Michael Hüther hält die von der großen Koalition vorgelegten Konzepte für wenig sinnvoll. "Ich sehe keine Vorzüge und frage mich: Warum brauchen wir das überhaupt?", sagte der Direktor des arbeitgebernahen Kölner Instituts für Wirtschaft (IW) der dpa. "Ich kann keinen Grund dafür erkennen, Steuermittel für Beteiligungen an Unternehmen zu verwenden."

Der SPD-Arbeitsmarktexperte Klaus Brandner lehnt das Unions-Modell in der vorgelegten Form ab. In der Neuen Osnabrücker Zeitung bezeichnete er die Risiken für die Arbeitnehmer als viel zu hoch. "Ich erwarte hier zusätzliche Absicherungen."

"Sozialismus pur"

Das Institut zur Zukunft der Arbeit (IZA) nannte das Unions-Modell zu teuer. "Fast eine Milliarde Euro für steuerliche Anreize bereitzustellen, schießt über das Ziel hinaus", kritisierte der IZA-Arbeitsmarktexperte Werner Eichhorst in der Zeitung.

Das SPD-Modell des "Deutschlandsfonds" sei zwar kostengünstiger, allerdings sei ein öffentlich verwalteter Aktienfonds mit einer "Bundesgarantie" aus rechtlichen Gründen hoch problematisch.

Die Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK) erteilte beiden Konzepten eine Absage. Das Modell von CDU/CSU bürde den Arbeitnehmern doppeltes Risiko auf, sagte der Präsident der Schutzgemeinschaft, Klaus Schneider, der Thüringer Allgemeinen.

"Die Mitarbeiter tragen dann nicht nur das Risiko um ihren Arbeitsplatz, sondern auch noch das ihrer Geldeinlage." Der SPD-Vorschlag, die Mitarbeiter über einen "Deutschlandfonds" zu beteiligen, "grenzt an Sozialismus pur".

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