Kanzlerfrage:Ja zu Merkel - "auch wenn die Hand blutet"

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Die erbitterte Front in der SPD gegen eine Kanzlerin Merkel bröckelt: Selbst Fraktionsvize Stiegler will die CDU-Chefin plötzlich unterstützen. Verstummt ist die Kritik an Merkel jedoch nicht, im Gegenteil: Das Murren wird lauter - auch aus den Reihen der Union.

Sollten SPD und Union sich auf einen Koalitionsvertrag einigen, werde er bei der Kanzler-Wahl für Merkel stimmen, "auch wenn die Hand blutet", sagte der stellvertretende SPD-Fraktionschef Ludwig Stiegler in einem Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa.

Schlägt versöhnliche Töne an: Ludwig Stiegler. (Foto: Foto: dpa)

"Ich habe weiß Gott mit aller Kraft für einen Kanzler (Gerhard) Schröder gekämpft. Aber wenn es keinen Kanzler mehr gibt, für den man kämpfen kann, muss man sich auf die neue Lage einstellen." Stiegler hatte sich in den vergangenen Wochen massiv gegen eine Kanzlerschaft von CDU-Chefin Merkel eingesetzt und erklärt: "Diese Frau wird nicht mit den Stimmen der SPD gewählt werden."

Jetzt sagte der bayerische SPD-Chef, nach einer "antagonistischen Phase" nach der Wahl gehe man nun mehr in eine kooperative Phase. Wichtig sei, dass jetzt beide Seiten auf Basis ihrer Wahlprogramme zueinander fänden.

Um Mäßigung bemüht

Der Streit um die Richtlinienkompetenz der wahrscheinlichen Bundeskanzlerin Merkel dauert unterdessen an - auch wenn Union und SPD um Mäßigung bemüht sind.

Der Parlamentarische Geschäftsführer der Unions-Fraktion, Norbert Röttgen (CDU), sagte am Mittwoch im "ZDF-Morgenmagazin": "Verbale Kraftmeiereien solle man da nicht überbewerten." In der großen Koalition sei ein Vertrauensverhältnis entscheidend.

Auf die Äußerung von CSU-Chef Edmund Stoiber angesprochen, der ebenfalls nur eine "sehr wohl dosierte" Richtlinienkompetenz bei Merkel sah, sagte Röttgen, nichts werde so heiß gegessen, wie es gekocht werde.

SPD-Generalsekretär Klaus Uwe Benneter erkannte im "Morgenmagazin" an, dass Merkel "das grundgesetzliche Recht auf Richtlinienkompetenz" habe. Benneter fügte jedoch einschränkend hinzu: "Aber wenn sie davon zu sehr Gebrauch machen wird, wird es daneben gehen." Ein Bündnis von SPD und Union werde eine Koalition "auf gleicher Augenhöhe" sein. "Einsame Entscheidungen einer Kanzlerin Merkel werden da nicht funktionieren", betonte Benneter.

Der Unmut wächst

In der CDU wächst derweil der Unmut darüber, dass die Union in einer künftigen großen Koalition das Bundesfinanzministerium nicht übernehmen wird.

"Das Finanzministerium nicht selbst zu besetzen, war ein Fehler. Das wäre im Interesse der Union gewesen", sagte Schleswig-Holsteins Wirtschaftsminister Dietrich Austermann (CDU) der Passauer Neuen Presse (Mittwochausgabe). Das Finanzministerium sei ein Schlüsselressort für die Umsetzung der von der Union geforderten Reformen.

Auch Bremens CDU-Landesvorsitzender Bernd Neumann bemängelte, dass die Union auf die Übernahme des Finanzministeriums verzichten wolle. "Das Wirtschaftsministerium ist ohne den Bereich Arbeit und ohne das Verkehrsressort kein Superministerium", kritisierte Neumann Stoibers Entscheidung.

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