Kabinett-Poker:NRW-CDU murrt über Merkel

Lesezeit: 1 min

Die besten Plätze sind vergeben, jetzt geht es um die Posten in der zweiten Reihe. Der CDU-Landesverband in Nordrhein-Westfalen will bei der Ämterverteilung stärker berücksichtigt werden und übt Kritik an Merkels Wahlstrategie.

Nach der Vergabe der Ministerämter in der geplanten großen Koalition schwelt in der CDU der Streit um weitere Posten und das schlechte Ergebnis bei der Bundestagswahl.

Die CDU-Parteivorsitzende Angela Merkel will die Gründe für das schlechte Wahlergebniss eigentlich erst nach den Koalitionsverhandlungen diskutieren. Es mehrten sich allerdings die Stimmen, die eine rasche Aufarbeitung des schlechten Wahlergebnisses forderten.

Der aus Nordrhein-Westfalen stammende Unions-Fraktionsvize Wolfgang Bosbach zeigte sich erneut enttäuscht, dass "wir am Kabinettstisch überhaupt nicht vertreten sind". Er forderte von der designierten Kanzlerin Angela Merkel eine stärkere Berücksichtung seines Bundeslandes.

Bosbach forderte in den Ruhr Nachrichten, Politiker aus dem größten CDU-Landesverband NRW müssten "angemessen auf der Ebene" der Staatssekretäre und des Fraktionsvorstands repräsentiert sein. Zwar seien mit Annette Schavan und Thomas de Maizière zwei Minister benannt worden, die ursprünglich aus Nordrhein-Westfalen stammten. "Doch das ist nur ein schwacher Trost." Die beiden seien in den vergangenen Jahren nur in Baden-Württemberg und in Sachsen tätig gewesen.

Der auch dem CDU-Verband NRW angehörende Vorsitzende der Jungen Union (JU), Philipp Mißfelder, forderte ebenfalls eine stärkere Berücksichtigung seines Landesverbandes. Mit der Verteilung der Ministerposten habe man sich abzufinden, sagte Mißfelder im Deutschlandfunk. "Aber auf der Ebene der Staatssekretäre beispielsweise muss Nordrhein-Westfalen, was den CDU-Teil angeht, wesentlich besser gestellt werden als andere Landesverbände."

Außerdem forderte Mißfelder eine rasche Aufarbeitung des Wahlergebnisses. Zwar sei der Reformkurs richtig, doch müsse stärker an seiner Begründung gearbeitet werden. Mit Steuerforderungen wie jenen des Experten Paul Kirchhof würden Emotionen geweckt. Seine Partei müsse daher vermitteln, dass sie als Volkspartei auch einen sozialen Anspruch habe.

Laumann: "CDU ist keine Volkspartei mehr"

Der Vorsitzende der CDU/CSU-Sozialausschüsse und nordrhein-westfälische Arbeitsminister Karl-Josef Laumann übte ebenfalls Kritik an der Personalpolitik sowie an der Wahlkampfführung Merkels. Die Union sei "in vielen Regionen Deutschlands keine Volkspartei mehr", weil sie ihre christlich-sozialen Wurzeln "ausradiert" habe, sagte er der Zeitung Die Welt. Er werde dafür kämpfen, dass die Union nicht noch einmal "so an der Lebenswirklichkeit vorbeiredet wie im letzten Bundestagswahlkampf".

Der rheinland-pfälzische CDU-Chef Christoph Böhr forderte ebenfalls eine Diskussion über das schlechte Wahlergebnis der Union. Ansonsten wäre die Verführung groß, das Ergebnis mit "irgendwelchen Nebensächlichkeiten zu erklären", sagte Böhr. Die eigentliche Ursache sei, dass es der Union "immer weniger gelingt, unsere Anhänger und Wähler hinter einem gesellschaftspolitischen Leitbild zu versammeln".

© sueddeutsche.de/dpa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: