Jungsozialisten:Anreize statt Strafen

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Beim Juso-Bundeskongress in Düsseldorf fordert der Vorsitzende Kevin Kühnert, Hartz-IV-Empfänger wieder stärker zu motivieren - etwa durch freie Busfahrten, wenn Termine wahrgenommen und Fristen eingehalten werden.

Juso-Chef Kevin Kühnert sieht in der SPD-Debatte über eine Abkehr von Hartz IV einen "Befreiungsschlag" und fordert ein Ende der Sanktionen, um Bürger besser für eine neue Arbeitssuche zu motivieren. Er sei für Positivanreize, sagte der 29-Jährige vor dem Beginn des Juso-Bundeskongresses: "Wenn Leute sich an Fristen halten und Termine wahrnehmen, könnte man zum Beispiel über Vergünstigungen im öffentlichen Nahverkehr sprechen. Oft wurde zu viel gefordert und das Fördern kam zu kurz." Man müsse die Menschen wieder verstärkt aktivieren. "Und dabei sind Anreize motivierender, als mit dem erhobenen Zeigefinger zu drohen. Das Jobcenter darf für junge Leute nicht weiter als Ort der Angst wahrgenommen werden."

Das Thema einer neuen Grundsicherung steht auch im Fokus des Juso-Bundeskongresses von Freitag bis Sonntag in Düsseldorf, zu dem auch die Parteivorsitzende Andrea Nahles erwartet wird. Kühnert war vor einem Jahr mit 75 Prozent zum neuen Juso-Chef gewählt worden. Er schärfte als Gegner der großen Koalition das Profil der Jusos und ist angesichts des Absturzes auf 14 Prozent in bundesweiten Umfragen ein Treiber der SPD-Erneuerung.

Inzwischen will auch Nahles Hartz IV überwinden. Kühnert nennt ihre ersten Ideen einen "riesigen Befreiungsschlag" - vor allem, dass sie Kinder aus dem System herausholen will, damit sie nicht weiter mit dem Stempel "Hartz IV" aufwachsen. "Sie hat den Begriff Kindergrundsicherung benutzt, ich gehe davon aus, dass wir so etwas auf die Beine stellen", so Kühnert.

Derzeit bekommen sechs Millionen Menschen Leistungen nach dem Hartz-IV-System. Viele in der SPD sehen einen Grund für den Vertrauensverlust in den Arbeitsmarktreformen der rot-grünen Regierung von Kanzler Gerhard Schröder vor 15 Jahren - diese haben zwar den Arbeitsmarkt flexibilisiert, aber auch zu einer Ausweitung prekärer Beschäftigungsverhältnisse geführt. Hartz-IV-Empfängern drohen Sanktionen, wenn sie Aufforderungen der Jobcenter nicht nachkommen. "Auch wenn es nur drei Prozent der Bezieher betrifft. Das ist ein permanentes Damoklesschwert, das über allen hängt", kritisierte Kühnert die psychologischen Folgen.

© SZ vom 01.12.2018 / dpa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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