Jugend und Drogen:Crystal Meth? Nein, danke

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Nicht nur von harten Drogen lassen die meisten jungen Leute die Finger, auch Zigaretten sind kaum noch angesagt. Die Jugend lebt asketisch wie nie zuvor.

Von Hannes Vollmuth, Berlin

Man könnte fast meinen, die Jugendlichen in Deutschland sind auf einer Art Askese-Trip: weniger Alkohol, weniger Zigaretten, weniger Cannabis, dafür aber mehr Jugendliche, die von all diesen Stoffen noch nie probiert haben. Das ist jedenfalls das Ergebnis einer Studie der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA). "Ich bin hocherfreut, dass Jugendliche besser sind als ihr Ruf", sagte die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Marlene Mortler (CSU), die die Studie in Berlin vorgestellt hat.

Rekordverdächtig gesund ist die Jugend vor allem beim Thema Rauchen: Noch nie haben so wenige Jugendliche geraucht wie im vergangenen Jahr. Die Studie unterscheidet zwischen Jugendlichen im Alter von zwölf bis 17 und jungen Erwachsenen im Alter von 18 bis 25. Noch 2001 qualmten knapp 30 Prozent der Jugendlichen. Inzwischen ist dieses Drittel auf 7,8 Prozent geschmolzen. Auch in der Altersgruppe von 18 bis 25 ist Rauchen rückläufig, während in beiden Altersgruppen die Zahl derjenigen, die noch nie eine Zigarette geraucht haben, historisch hoch ist - unter Jugendlichen gibt es zum Beispiel 79,1 Prozent sogenannte Nie-Raucher. "Rauchen gehört in Deutschland längst nicht mehr zum Lebensgefühl junger Menschen", sagte die Drogenbeauftragte.

Es wird zwar weniger Alkohol konsumiert. Die Komasäufer aber sind ein Problem

Trotz der vielerorts boomenden Shishabars sind Wasserpfeife und elektrische Zigarette ebenfalls nicht besonders interessant. Nur die Tatsache, dass es in Hauptschulen und Realschulen mehr jugendliche Raucher gibt als in Gymnasien, macht der Bundesdrogenbeauftragte noch Sorgen. Sich eine anzuzünden, ist offenbar nach wie vor eine Frage der sozialen Herkunft. Als nächstes will die Drogenbeauftragte der Bundesregierung die Werbung für Tabak auch in der Öffentlichkeit verbieten lassen. In den Medien ist Tabakwerbung bereits verboten, auf Plakaten und Aufstellern aber weiter erlaubt.

Alkohol wird ebenfalls weniger getrunken, obwohl der Rückgang nicht ganz so drastisch ist wie beim Rauchen. Inzwischen trinkt nur noch jeder zehnte Jugendliche und jeder dritte junge Erwachsene regelmäßig Alkohol, was bedeutet: mindestens einmal in der Woche. Auch das ist ein historischer Tiefstand.

Nur den Anteil der Rauschtrinker, also Komasäufer, hält die Leiterin der Bundeszentrale, Heidrun Thaiss, noch für zu hoch, obwohl auch der langsam aber stetig abnimmt. "Junge Erwachsene betreiben das häufiger als Jugendliche, und männliche häufiger als weibliche", sagte Thaiss. Komasaufen ist also insgesamt ein Problem von jungen Männern. Dennoch beginnen Kampagnen wie "Alkohol? Kenn dein Limit" Wirkung zu entfalten. Woran die Bundesdrogenbeauftragte als nächstes arbeiten will: schwangere Frauen davon abhalten, Alkohol zu trinken.

Nur noch eine sehr geringe Rolle spielen bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen harte illegale Drogen wie Kokain und LSD. Ecstasy haben im vergangenen Jahr lediglich vier Prozent der 18- bis 25-Jährigen genommen, Kokain nur noch 2,9 Prozent. Nur Cannabis ist nach wie vor beliebt, wenn auch leicht rückläufig. Jeder dritte junge Erwachsene und jeder zehnte Jugendliche hat schon einmal gekifft. Dabei kiffen die Älteren unter den jungen Menschen häufiger als die Jüngeren, und Männer häufiger als Frauen.

"Wir brauchen beim Thema Cannabis einen differenzierten Ansatz", sagte Mortler. "Cannabis als Medizin: ja. Cannabis als Spaß: nein." Nach wie vor lehnt die Bundesdrogenbeauftragte eine Legalisierung von Cannabis kategorisch ab, trotz Kritik aus der Opposition. Mortler sagte: "Wer in dieser Situation über die vollumfängliche Legalisierung redet und sie fordert, der sorgt dafür, dass noch mehr Jugendliche zum Joint greifen." Das könne dann gravierende Auswirkungen auf die Gesundheit der Jugendlichen haben, zum Beispiel auf die Entwicklung des Gehirns. Einen Gesetzentwurf zum medizinischen Gebrauch von Cannabis will Mortler aber bis zum Ende des Jahres auf den Weg bringen.

Was auch kaum eine Rolle bei jungen Menschen spielt, ist die Horrordroge Crystal Meth. Weniger als ein Prozent der Befragten haben die Droge schon genommen. Mortler räumte zwar ein, dass in den Grenzregionen zu Tschechien Crystal Meth "ein Riesenproblem" sei. Unter jungen Menschen ist die Droge aber nicht verbreitet.

Für die Untersuchung wurden im vergangenen Jahr 7004 Menschen befragt. Die letzte Drogen-Befragung dieser Art fand unter 12- bis 25-Jährigen im Jahr 2011 statt. Damals war das große Thema: Immer mehr junge Erwachsene betrinken sich besinnungslos. Ein Trend, der inzwischen offenbar gestoppt ist.

© SZ vom 07.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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