Jürgen Seidel:Hoffnung der CDU im Nordosten

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Jürgen Seidel soll den tief zerstrittenen Landesverband in Mecklenburg-Vorpommern aus der Krise führen

Arne Boecker

Mecklenburg-Vorpommern ist die politische Heimat der CDU-Kanzlerkandidatin. Auf dem Parteitag in Güstrow bekam Angela Merkel am Samstag eine erstaunliche Einschätzung ihres Landesverbandes geliefert. "Undemokratische Strukturen" prangerte der Rostocker Landtagsabgeordnete Reinhard Thomas an, manche Sitzung erinnere ihn an "die DDR der siebziger Jahre". In den eigenen Reihen machte Thomas "Lügner" aus, die "Leute aus dem Weg räumen".

Die CDU in Mecklenburg-Vorpommern hat seit Samstag einen neuen Vorsitzenden: Jürgen Seidel. 150 von 152 Delegierte votierten für den 56-Jährigen. Mag dieses Ergebnis in anderen Regionen Deutschlands normal sein, im äußersten Nordosten ist es eine Sensation. Seidel wird vollauf damit beschäftigt sein, die Gräben zuzuschütten, die sein Vorgänger Eckhardt Rehberg und dessen zahlreiche Widersacher aufgerissen haben.

Mit der Landespolitik hatte er eigentlich abgeschlossen

Der Feuerkopf Reinhard Thomas mag zwar mit seiner Schmährede übers Ziel hinausgeschossen sein, aber die Richtung stimmt zweifellos: Die Nordost-CDU ist tief zerstritten. Wenn der Vorsitzende Seidel seine Partei geeint hat, kann er sich als Spitzenkandidat daran machen, sie zurück in die Regierung zu führen. Im Herbst 2006 wählen die wahlberechtigen Einwohner von Mecklenburg-Vorpommern einen neuen Landtag.

Seidel ist verheiratet und Vater von vier erwachsenen Kindern. Als Landrat des Müritz-Kreises residiert er im idyllischen Waren an der Mecklenburgischen Seenplatte, wo er als Landrat den Müritz-Kreis regiert. Dies mag erklären, warum Seidel auf dem Parteitag beneidenswert braun gebrannt auftrat. Außerdem ist er Präsident des erfolgreichen Tourismusverbandes Mecklenburg-Vorpommern.

Der junge Jürgen Seidel hatte seine berufliche Laufbahn im Metallgusswerk Waren angefangen, wo heute noch riesige Schiffsschrauben produziert werden. Dann kümmerte sich Seidel im Rat der Stadt Waren um den Umweltschutz, allerdings "mit wenig Erfolg", wie er heute zugibt. Schließlich wechselte er zum "Zweckverband Erholungswirtschaft".

Kaum inhaltliche Ideen präsentiert

Seidel gehörte der letzten Volkskammer der DDR und dem ersten Landtag des noch jungen Bundeslandes Mecklenburg-Vorpommern an. Der Landesregierung von CDU-Ministerpräsident Berndt Seite diente er zunächst als Umwelt-, später als Wirtschaftsminister.

Jürgen Seidel bezeichnet sich selbst als "außerordentlich stolzen Landrat des Müritz-Kreises". Mit der Landespolitik hatte er eigentlich abgeschlossen. Sein Wiedereintritt in Schwerin an die Spitze der Landes-CDU ist aus der Not geboren. Der kompetente, aber äußerst streitbare Eckhardt Rehberg hat als Vorsitzender den Landesverband gespalten.

Als Spitzenkandidat scheiterte Rehberg zweimal, den landesväterlichen Harald Ringstorff und seine SPD/PDS-Koalition zu kippen; er bewirbt sich jetzt um ein Mandat für den Bundestag. Seidel präsentierte sich in Güstrow bescheiden und sympathisch.

Inhaltlich bot er allerdings kaum Ideen feil, die der schwächelnden Wirtschaft und dem klapprigen Arbeitsmarkt Mecklenburg-Vorpommerns aufhelfen könnten. "Die Stärken stärken" hatte Seidel seine Rede überschrieben, nannte dann aber zwei Branchen, die nur durch horrend hohe Subventionen am Leben gehalten werden: Landwirtschaft und Schiffbau.

© SZ vom 25.7.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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