John Kerry:Bewerber auf Achterbahnfahrt

Lesezeit: 2 min

Urpsrünglich schien der Vietnam-Veteran und langjährige Senator die besten Aussichten auf eine Präsidentschaftskandidatur zu besitzen. Doch dann betraten Howard Dean und Wesley Clark die Arena.

Bislang war diese Präsidentschaftskampagne für John Kerry eine wahre Achterbahnfahrt. Anfangs galt der langjährige Senator und hochdekorierte Vietnamveteran als klarer Favorit bei den oppositionellen US-Demokraten für die Kandidatur gegen George W. Bush.

Doch dann kam Howard Dean und machte mit seinem harten Kurs gegen den Präsidenten Furore, während Kerry sich zu gewundenen Begründungen seines Kongressvotums für den Irakkrieg genötigt sah.

Und auf Dean folgte Wesley Clark, der als Nato-Kommandeur im Kosovokrieg noch mehr militärische Meriten vorweisen kann als Kerry. Der Senator aus Massachusetts wurde deshalb schon von vielen abgeschrieben. Doch kurz vor Beginn der Vorwahlen hat er ein zumindest kleines Comeback geschafft.

Zur Überraschung vieler Experten wies eine jetzt veröffentliche Umfrage des Zogby-Institus Kerry erstmals als Spitzenreiter im Bundesstaat Iowa aus, wo am Montag die erste Vorwahl stattfindet. Der 60-Jährige hat sich demnach einen knappen Vorsprung vor Dean und dem Ex-Fraktionschef im Repräsentantenhaus, Dick Gephardt, erarbeitet.

Wichtiger als Iowa ist für Kerry jedoch New Hampshire, am 27. Januar Schauplatz der zweiten Vorwahl. Denn dieser Staat gilt normalerweise als eher leichtes Spiel für Kandidaten aus dem benachbarten Massachusetts. Sollte Kerry in New Hampshire scheitern, wären seine Träume vom Weißen Haus wahrscheinlich schon geplatzt.

Die Umfragen in dem Neuenglandstaat zeigen ihn weit abgeschlagen auf dem dritten Platz hinter Dean und Clark.

Die "seriöse" Alternative zum Hitzkopf Dean

Beim Parteivolk in Iowa hat Kerry dagegen offenbar zuletzt wachsende Zustimmung mit seinem Argument gefunden, dass er als die "seriöse" Alternative zu dem Hitzkopf Dean bessere Chancen habe, Bush am 2. November zu besiegen. Dabei setzt er auf seine 19-jährige Erfahrung im Senat und seine Fronterfahrung in Vietnam - beides "Qualifikationen", die dem bisherigen Hauptrivalen fehlen.

Weiter ankämpfen muss Kerry allerdings nicht zuletzt gegen sein eigenes Image. Häufig wird er als "arrogant" und "unterkühlt" abgestempelt, was unter anderem seiner Neigung zu verschlungener und mit gebildeten Zitaten gespickter Rhetorik zuzuschreiben ist.

Dabei ist der Mann mit dem dichten Haarschopf und dem markanten Unterkiefer ein durchaus quirliger Charakter, der als Motorradfahrer und Hobbypilot, Windsurfer und Drachenflieger, Gitarrenschüler und Gedichteschreiber viele Leidenschaften außerhalb der Politik kennt.

Der Sohn eines Diplomaten und einer Angehörigen der steinreichen Forbes-Familie verbrachte einen Großteil seiner Jugend in Europa, wo er auch das geteilte Berlin kennenlernte.

Vom Kriegsheld zum Kriegsgegner

Nach dem Studium an der noblen Yale-Universität ging Kerry dann freiwillig nach Vietnam, wo er drei Mal im Kampf verletzt wurde. Nach seiner Rückkehr wandelte sich der Kriegsheld zum Kriegsgegner und wurde so zur Berühmtheit.

Dennoch scheiterte er mit seiner ersten Kandidatur für den Kongress. Nach dem Jurastudium in Boston und mehreren Jahren als Staatsanwalt klappte es dann im zweiten Anlauf mit der Politkarriere: 1982 wurde Kerry zum Vizegouverneur von Massachusetts gewählt, zwei Jahre später in den Senat.

Verheiratet ist er seit 1995 mit Teresa Heinz, der Witwe des Ketchup-Barons John Heinz, deren Vermögen auf mehr als eine halbe Milliarde Dollar geschätzt wird. An Geld für seine Kampagne mangelt es Kerry also nicht.

Seine langen Anlaufschwierigkeiten entsprangen dagegen nicht zuletzt seiner schwer nachvollziehbaren Position zum Irakkrieg, den er mit seinem Kongressvotum grundsätzlich befürwortete, den er aber seither heftig kritisiert.

Wenn Kerry dem Präsidenten vorwirft, "die arroganteste, ungeschickteste, verwegenste und am stärksten ideologische Außenpolitik der moderen Geschichte" zu betreiben, dann steht er dem Rivalen Dean inzwischen an Schärfe kaum mehr nach. Zumindest in Iowa scheint es Kerry mit solcher Rhetorik zuletzt zunehmend gelungen zu sein, die Erinnerung an sein Irak-Votum zu übertünchen.

© sueddeutsche.de - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: