John Bolton:Bushs undiplomatischer UN-Botschafter

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Brutale Offenheit statt verbindlicher Diplomatie: Bolton ist ein Mann der klaren Worte - und auch deshalb umstritten.

Wolfgang Koydl

Wenn man die Arbeit eines Diplomaten mit der eines Gärtners vergleicht, der sorgsam zarte Pflänzchen hegt, dann ist John "Josh" Bolton eher der Mann mit dem Bulldozer, der Schneisen durch Blumenbeete zieht, Bäume entwurzelt und das Erdreich metertief aufpflügt.

Feinde bezeichnen ihn als grob und unhöflich, Freunde als erfrischend direkt und ehrlich, aber alle sind sich einig, dass er alles andere als ein Diplomat ist.

Vielleicht ist das der Grund, weshalb Präsident George Bush ihm demnächst einen der wichtigsten diplomatischen Posten anvertrauen will, den die USA zu vergeben haben: Bolton, derzeit noch für Abrüstung und Rüstungskontrolle im US-Außenministerium zuständig, soll nächster Botschafter seines Landes bei den Vereinten Nationen werden.

Immerhin ist ihm die Institution vertraut - als Gegner. Wenn das UN-Hauptquartier am East River "zehn Etagen verlöre", meinte er einmal, "dann würde das nicht den geringsten Unterschied machen".

"Ich bin pro-amerikanisch"

Klare Worte gehören zum Markenzeichen des 56-jährigen Junggesellen, der passend zum blonden Easy-Rider-Schnauzbart zwei schwere Motorräder in der Garage und eine bronzene Handgranate auf dem Schreibtisch hat.

Mit seinen klaren Worten hat er sich selten irgendwo Freunde gemacht, aber selbst Kritiker gestehen ein, dass seine Politik mit der Abrissbirne manchmal doch überraschende Erfolge zeigt: Nachdem Bush auf sein Betreiben hin unter internationalen Rufen des Entsetzens das ABM-Rüstungsabkommen mit Moskau aufgekündigt hatte, begann Russland entgegen den Erwartungen nicht mit einem nuklearen Wettrüsten, sondern rüstete ab - wie Bolton es vorhergesagt hatte.

Wann immer die Bush-Regierung besonders scharfe Töne anschlug - gegen Nordkorea, den Iran, den internationalen Strafgerichtshof oder andere multilaterale Vereinbarungen -, konnte man sicher sein, dass der rastlose Bolton dahinter steckte.

"Überall sind seine Fingerabdrücke drauf", urteilte anerkennend Karl Rove, Bushs engster Berater. Manchmal freilich trieb es Bolton, Sohn eines CIA-Spions und lebenslanger Vertrauter konservativer Politiker wie Barry Goldwater oder Jesse Helms, sogar für den Geschmack der Bushisten zu weit. So wurde er von Gesprächen mit Nordkorea ausgeschlossen, nachdem er dessen "tyrannisches" Regime als "höllischen Albtraum" gebrandmarkt hatte. Pjöngjang revanchierte sich, indem es Bolton als "Abschaum" bezeichnete.

Wie er seine Arbeit sieht, hat Bolton in einem seiner seltenen Interviews enthüllt: "Ich bin pro-amerikanisch, was heißt, Amerikas Interessen so lebhaft wie möglich zu verteidigen und sich selbst als Anwalt der USA und nicht als Schutzengel für die ganze Welt zu sehen."

So wird er auch seine Aufgabe bei den UN angehen. Zudem wird er brutale Offenheit verbindlicher Diplomatie vorziehen - was nicht immer eine gute Idee ist, wie der Washingtoner Diplomatenlehrer Robert Galluci befand: "Wenn man einen Raum betritt und jemanden mit ein wenig Übergewicht sieht, kann man schon sagen: Gott, was sind Sie fett. Aber im allgemeinen ist dies keine gute Art, um ein Gespräch zu beginnen."

© SZ vom 9. März 2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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