Job-Gipfel:Und alles folgt dem großen Plan

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Das sagt zumindest Kanzleramtschef Steinmeier, der erstmals bei der Bundespressekonferenz als öffentlicher Ordner auftreten durfte.

Von Christoph Schwennicke

Im Fernsehen hat man sich schon daran gewöhnt, dass der Chef des Bundeskanzleramtes dem Herrn Bundeskanzler die Schau stiehlt. Robert Atzorn als Amtschef spielt Klaus J. Behrendt als Bundeskanzler im "ZDF-Kanzleramt" öfter an die Wand.

Im wirklichen Leben muss man sich erst noch an den ruhigen Herrn gewöhnen, der da nach der Kabinettssitzung frisch frisiert vor der blauen Wand der Bundespressekonferenz Platz genommen hat. Dies ist an diesem Mittwoch die Berliner Premiere des Frank-Walter Steinmeier als öffentliche Figur.

Die rotgrüne Bundesregierung ist in ihrem sechseinhalbten Amtsjahr in ihrer ungefähr achteinhalbten Krise angekommen. Das Kabinett ist seit ein paar Tagen das am längsten nicht umgebildete seit Kanzler Helmut Schmidt -das allerdings nicht unbedingt nach dem Motto "never change a winning team".

Da kann ein unverbrauchtes Gesicht nicht schaden, zumal Frank-Walter Steinmeier, der Herr mit den schlohweißen Haaren, qua Amt für die Ordnung der Regierungsarbeit zuständig ist.

Auf die Frage, weshalb er denn an diesem Tag seine Premiere in der Bundespressekonferenz habe, um den Stand nach dem Jobgipfel und die weiteren Planungen der Regierung bekannt zu geben, sagt Steinmeier, man hätte statt seiner auch fünf Minister hersetzen können.

Wie in der Genesis

Offenbar war dies aber als so heilsam wie eine Meute streitender Ärzte am Krankenbett angesehen worden, also sollte Steinmeier selbst mehr Ordnung wagen.

Wie in der Genesis der Bibel fügen sich die Ereignisse der letzten Jahre aus dem Munde des Kanzleramtschefs Steinmeier zu einem stimmigen Ganzen. Im Frühjahr 2003 hat man laut Steinmeier "die Schöpfung der Agenda 2010, wenn Sie so wollen" erlebt, an die im Jahr 2004 mit einer weiteren Regierungserklärung angeknüpft wurde, bis es nun im Frühjahr zur "Jobgipfel"-Regierungserklärung des Kanzlers kam.

Alles folgt also einem großen Plan, den manche möglicherweise nicht immer zu erkennen vermögen.

Immerhin räumt Steinmeier auf Nachfrage ein, dass die Regierungserklärung zum Job-Gipfel nicht ganz so "autonom" von der Regierung initiiert worden sei wie die beiden Veranstaltungen in den Jahren zuvor.

Zur Erinnerung: Als die Arbeitslosenzahlen das zweite Mal oberhalb der fünf Millionen lagen, da titelte eine große Zeitung "Tut endlich was!". Dann schrieb die Opposition einen Brief, dann schrieb der Kanzler zurück, und dann traf man sich im Kanzleramt.

Und nun gibt es nach dem Willen der Bundesregierung eine Senkung der Körperschaftssteuer von 25 auf 19 Prozent, eine Forderung, bei der bis vor kurzem noch Wirtschaftsminister Wolfgang Clement vom Kanzler höchstselbst zurückgepfiffen wurde.

Mahnung an die Opposition

Ein jedes hat seine Zeit, signalisiert Steinmeier, und die sei jetzt gekommen, auf diese Weise "in der Tat unter das Niveau der engsten westeuropäischen Nachbarn" zu kommen. Eine ganze Menge Termine gibt Steinmeier bekannt, den 27. April, den 4. Mai, den 11. Mai, wohl um zeigen, wie fein verzahnt die Rädchen des Regierungswerks zur Mehrung des Wohles des Landes ineinandergreifen.

Und er hält es nach etwas missklingenden Wochen denn auch für geboten, auf eine stattfindende "notwendige Kommunikation zwischen dem Bundeswirtschaftsminister und der Bundesforschungsministerin" hinzuweisen-das ist doch schon was.

Wer schuld ist, wenn es am Ende doch nichts werden sollte mit einer gesenkten Körperschaftssteuer und Jobs und einem Aufschwung, das wird auch schnell klar in dieser Pressekonferenz des obersten Ordners der Regierung von Gerhard Schröder.

Ein gewisses "Geplänkel" hat Steinmeier da in der vergangenen Woche bei der Opposition ausgemacht, und nun ermahnt er diese, auch im eigenen Interesseswieder auf den Pfad der Tugend zurückzukehren und keine taktischen Spielchen zu betreiben. Denn wenn das nichts werde, gehe am Ende die Politik insgesamt, also Regierung und Opposition "damit nach Hause".

Dann geht er selbst nach Hause oder zurück ins Amt. Die Frage, ob er nach dieser Premiere nun öfter komme, hat er am Mikrofon offen gelassen. Als er die Treppen runter geht, ruft er den Grüppchen ein "Bis demnächst!" zu.

© SZ vom 7.4.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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