Italien gegen Frankreich:Kabale und Hiebe

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Skrupellos geifern Salvini und Di Maio gegen die Regierung in Paris. Die italienischen Vizepremiers erhoffen sich viel davon - denn die Europawahl steht bevor. Und der alte Trick der Populisten lautet, einen äußeren Feind aufzubauen, um den Nationalismus zu Hause zu befeuern und sich Stimmen zu sichern.

Von Stefan Ulrich

Was werden sich die Chefstrategen in der italienischen Regierung als Nächstes einfallen lassen, um Frankreich zu provozieren? Präsident Emmanuel Macron zur Persona non grata erklären? Oder die Rückgabe der Stadt Nizza an Italien fordern, die einst zu Piemont gehörte und aus der der italienische Freiheitsheld Garibaldi stammt? Die Vizepremiers in Rom, Matteo Salvini von der Lega Nord und Luigi Di Maio von den Fünf Sternen, werden jedenfalls weiter gegen Paris wettern. Denn im Mai stehen Europawahlen an. Da setzen die beiden auf den bewährten Populisten-Trick, einen äußeren Feind aufzubauen, um den Nationalismus der eigenen Bürger zu schüren und deren Stimmen zu ergattern.

Und Frankreich eignet sich trefflich als Gegner. Zwar fühlen sich Italiener und Franzosen einerseits zueinander hingezogen, als sprachliche und zivilisatorische Erben des Römischen Reichs, als große Kulturnationen. Anderseits wetteifern sie permanent miteinander, etwa um die schmackhaftere Küche oder den besseren Fußball. Zudem argwöhnen viele Italiener, die Franzosen betrachteten sie wie arme, nicht ganz ernst zu nehmende Cousins und Cousinen. Und die Franzosen tun nicht immer alles, dies zu entkräften.

Hinzu kommen Interessensgegensätze. Italien kritisiert, Frankreich mische sich in der ehemaligen italienischen Kolonie Libyen ein und missachte dort italienische Interessen. Auch fühlt sich Italien, durchaus mit Recht, von Frankreich in der Flüchtlingskrise alleingelassen und verbittet es sich daher, aus Paris Moralpredigten zu erhalten. In der Wirtschaftspolitik gibt es ebenfalls immer wieder Krach. Die Franzosen kauften italienische Firmen auf, schützten aber eigene Unternehmen vor Übernahmen, klagt man in Rom. Dass Frankreich Terroristen aus dem Nachbarland beherbergte oder noch immer beherbergt, stört ebenfalls die Beziehungen.

Sachliche Kritik der italienischen Regierung an Frankreich ist also angebracht. Nur: Salvini und Di Maio geht es nicht in erster Linie um die Sache - sondern um Emotionen. Daher greifen sie Präsident Macron immer wieder persönlich und in einer Weise an, die zwischen Regierungen verbündeter Staaten unerträglich ist. Jüngstes Beispiel: Salvini geiferte, Frankreich habe "einen miserablen Präsidenten der Republik". Macron schwätze viel und schaffe wenig. Die Franzosen sollten sich schnellstmöglich von ihm befreien.

So tönt es seit Wochen aus Rom, mal aus dem Mund Salvinis, mal aus dem Di Maios. Der französische Präsident ist geradezu zur Hassfigur der beiden Populisten geworden. Denn er verkörpert in vielem ihr Gegenteil. Macron will Europa stärken, er will sein Land strukturell reformieren, er sucht die konstruktive Zusammenarbeit mit Brüssel und Berlin und positioniert sich klar gegen neonationalistische Herrscher wie Wladimir Putin. Salvini und Di Maio hingegen möchten Europa zugunsten der Nationalstaaten schwächen, sie streuen Staatsgeld auf Pump unter die Wähler, nehmen Reformen früherer Regierungen zurück - und zumindest Salvini schwärmt für Autokraten wie Putin in Russland und Viktor Orbán in Ungarn.

Die französische und die italienische Regierung stehen also für die beiden großen Kräfte, die derzeit um die Seelen der Bürger ringen: die freiheitlich-liberal-europäische Kraft und die autoritär-nationalistische. Bei der Europawahl prallen sie aufeinander. Salvini und Di Maio rüsten dafür gerade auf.

© SZ vom 24.01.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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