Italien:Berlusconi wieder vor Gericht

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Im Januar hob das oberste italienische Gericht seine Immunität auf, jetzt muss sich Ministerpräsident Silvio Berlusconi in Mailand erneut wegen Korruptionsverdacht vor Gericht verantworten. Die Fortsetzung des Verfahrens gilt als große politische Schlappe für Berlusconi.

Die Staatsanwälte werfen Berlusconi vor, er habe in den 80er Jahren Richter bestochen. Der Unternehmer Berlusconi soll versucht haben, den Verkauf eines staatlichen Lebensmittelkonzerns an einen Rivalen durch Zahlung von Schmiergeldern zu verhindern.

Gestenreiche Verteidigung: Berlusconi am 17. Juni im Mailänder Gerichtssaal. Jetzt wird der Prozess neu aufgelegt. (Foto: Foto: AP)

Berlusconi wollte keinesfalls als EU-Ratspräsident vor Gericht stehen

Der spektakuläre Prozess war im Juni vergangenen Jahres ausgesetzt worden, nachdem das Parlament mit den Stimmen von Berlusconis Koalition ein Immunitätsgesetz für die Inhaber der fünf höchsten italienischen Staatsämter verabschiedet hatte.

Das unter Hochdruck verabschiedete Immunitätsgesetz hatte das Verfahren in einem weit fortgeschrittenen Stadium gestoppt - kurz vor dem Plädoyer der Staatsanwältin Ilda Boccassini. Und gerade noch rechtzeitig zu Beginn der italienischen EU-Ratspräsidentschaft, während der Berlusconi keinesfalls als Angeklagter dastehen wollte.

Doch die Immunität währte nicht lang, am 13. Januar 2004 erklärte das Verfassungsgericht in Rom das Gesetz für ungültig.

In der Verhandlung im letzten Sommer hatte sich Berlusconi mit scharfen Attacken gegen Staatsanwaltschaft und Belastungszeugen verteidigt. Die Anklage sei "ausschließlich der Fantasie entsprungen", das Verfahren sei wie ein Mord "ohne Leiche, ohne Waffe und ohne Motiv".

Einen Richter bezeichnete er einst als "geistesgestört"

Berlusconis Auftritte vor Gericht sind immer gut für Schlagzeilen. So hatte er im Prozess gegen den ehemaligen Regierungschef Giulio Andreotti einen Richter als "geistesgestört" bezeichnet. Später sagte er man habe ihn missverstanden.

Das Gerichtsverfahren beginnt zu einem für Berlusconi denkbar ungünstigem Zeitpunkt. Außenpolitisch beschäftigt ihn das Geiseldrama im Irak, immer weniger Bürger stehen hinter seinem Entschluss 3000 Soldaten im Irak zu stationieren. Zudem droht ihm aus Brüssel ein blauer Brief wegen eines zu hohen Staatsdefizites und die Gewerkschaften rufen zum Generalstreik.

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