Istanbul:Ausschreitungen überschatten Nato-Gipfel

Lesezeit: 2 min

Mehrere hundert Demonstranten haben versucht, auf das Gelände des Gipfels zu gelangen. Medienberichten zufolge wurden auch Brandbomben geworfen. Die türkische Polizei setzte Tränengas, Schlagstöcke und Wasserwerfer ein. Etliche Personen wurden verletzt, viele Protestierer verhaftet.

Am Rande des Nato-Gipfels in Istanbul ist es am Montag zu Ausschreitungen gekommen. Die türkische Polizei setzte Tränengas ein, um mehrere hundert Demonstranten daran zu hindern, zum Gelände des Gipfels zu gelangen.

Die Polizei ging mit Schlagstöcken und Wasserwerfern gegen die Menge vor. Auch ein gepanzertes Fahrzeug war zu sehen.

Wie die Nachrichtenagentur Anadolu meldete, flogen bei einer weiteren Demonstration von rund 2000 Protestierenden in einem anderen Stadtteil Brandbomben. Die Polizei setzte dort ebenfalls Tränengas ein. Mehrere Polizei- und Feuerwehrautos seien demoliert worden.

Bei den Protestaktionen wurden mehrere Demonstranten und Polizisten verletzt und in Krankenhäuser gebracht. Nach Berichten des Fernsehsenders CNN-Turk wurde eine größere Anzahl von Demonstranten festgenommen.

Die Proteste fanden außerhalb der abgesperrten Sicherheitszone um den Tagungsort statt. Die türkische Polizei hat anlässlich des Gipfels umfangreiche Sicherheitsvorkehrungen getroffen.

Einigkeit über die Ausbildung irakischer Sicherheitskräfte

In der türkischen Metropole hatte am Morgen das Gipfeltreffen der Nato-Staats- und Regierungschefs begonnen. Im Mittelpunkt der Konferenz stehen die Irak-Politik und die Lage in Afghanistan.

Einigkeit bestand unter den 26 Mitgliedstaaten bereits im Vorfeld des Gipfels darüber, dass die Nato bei der Ausbildung irakischer Soldaten und Polizisten helfen soll. Unklar ist aber, wie die Ausbildung konkret organisiert werden soll.

Nato-Generalsekretär Jaap de Hoop Scheffer begrüßte die sieben neuen Mitgliedstaaten, die erstmals an einem Gipfel der Allianz teilnahmen. Bulgarien, Estland, Lettland, Litauen, Rumänien, Slowenien und die Slowakei könnten "auf die Solidarität des Bündnisses zählen".

De Hoop Scheffer betonte die Notwendigkeit eines geschlossenen Eintretens des Bündnisses für gemeinsame Werte und einer Stärkung der transatlantischen Bindung. Amerika und Europa müssten "in einer starken Allianz vereint" bleiben.

Die Nato habe bewiesen, dass sie auch außerhalb des traditionellen Bündnisbereiches für Stabilität sorgen könne, wenn ihre Mitglieder sich darüber einig seien.

Die Nato müsse darüber hinaus auch "neue Brücken bauen zum Mittelmeer und dem Nahen Osten". Als Symbol für die Brückenfunktion diene der Veranstaltungsort Istanbul, der seit je her Kontinente, Kulturen und Religionen überbrückt habe.

Im Vorfeld des Gipfels war bereits am Sonntag ein Entwurf zur Irak-Politik diskutiert geworden, nach dem sich die Nato-Mitgliedstaaten an der Ausbildung irakischer Soldaten und Polizisten beteiligen sollen.

Eine zentrale Rolle des Bündnisses an sich war darin allerdings schriftlich nicht festgehalten. Neben Deutschland hat auch Frankreich große Bedenken gegen ein direktes Engagement der Nato in Irak. Der amerikanische Nato-Botschafter Nicholas Burns sprach sich dagegen für eine Kommandozentrale des Bündnisses in Bagdad aus.

Ein weiterer Schwerpunkt ist die geplante Aufstockung der Streitkräfte in Afghanistan. Ein Ziel des Gipfels ist, die Zahl der derzeit 6500 ISAF-Soldaten in Afghanistan zu erhöhen.

So will die Allianz für die im September anstehende Wahl bis zu 3000 zusätzliche Soldaten vorübergehend in dem Land stationieren. Deutschland stellt in Afghanistan mit rund 2000 der 6600 ISAF-Soldaten das größte Kontingent.

Deutschland will Afghanistan-Einsatz aussetzen

Zudem will die Nato die Mission der von ihr geführten internationalen Isaf-Schutztruppe über die Hauptstadt Kabul hinaus in die Provinzen ausweiten. Die Bundeswehr unterhält ein so genanntes Wiederaufbauteam in den Provinzen (PRT) in Kundus. Auf dem Gipfel soll über die Ausdehnung dieser Teams entschieden werden. Deutschland will in Faisabad ein zusätzliches PRT gründen. Dazu haben sich auch die Niederlande bereit erklärt.

De Hoop Scheffer will am frühen Nachmittag vor der Presse über die Beschlüsse des Gipfels berichten, bevor anschließend der Nato-Russland-Rat tagt. Für Dienstag ist das Treffen mit der Ukraine sowie den Ländern im Euroatlantischen Partnerschaftsrat (EAPC) geplant.

© AP/dpa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: