Israelisch-ägyptische Gespräche:Streit um Arafats Rolle

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Ende 2005 soll sich Israels Armee aus dem Gaza-Streifen zurückziehen. Doch wer übernimmt dann die Kontrolle? Wenn es nach Ägyptens Präsident Mubarak geht, soll der seit zweieinhalb Jahren in Ramallah unter Hausarrest stehende Jassir Arafat das Machtvakuum füllen und die Hammas zügeln. Israels Premierminister Sharon will das verhindern.

Von Thorsten Schmitz

Angesichts des für Ende 2005 geplanten israelischen Rückzugs aus dem Gaza-Streifen wird der israelische Außenminister Silvan Schalom an diesem Donnerstag zu Gesprächen mit Ägyptens Staatschef Hosni Mubarak nach Kairo reisen. Schalom, der sich gegen den Räumungsplan ausspricht, soll nach Auskünften aus dem Außenministerium mit Mubarak die Einzelheiten des Rückzugs erörtern.

Auf Stein verewigt: Ein Portrait von Jassir Arafat auf dem neu erreichteten Betonwall in der West Bank. (Foto: Foto: AP)

Mubarak hatte zuvor dem israelischen Premierminister Ariel Scharon telefonisch Unterstützung für die Räumung des Gaza-Streifens zugesagt, in dem 7500 jüdische Siedler und 1,3 Millionen Palästinenser leben.

Angst vor der Hamas

Scharons Plan für einen Rückzug aus dem Gaza-Streifen, der von einer Mehrheit der israelischen Bevölkerung befürwortet wird, ist vom Zentralkomitee der regierenden Likud-Partei abgelehnt worden. Auch in Scharons 23-köpfigem Kabinett ist eine Mehrheit von 12 Ministern gegen den Rückzug.

In seinem Gespräch mit der ägyptischen Staatsführung wird Außenminister Schalom israelischen Medienberichten zufolge Mubarak auch davon abzubringen versuchen, Palästinenserpräsident Jassir Arafat wieder zu stärken. Schalom werde vielmehr die Haltung Israels bekräftigen, wonach Arafat isoliert bleiben müsse und ihm keine Führungsrolle zuerkannt werden dürfe.

Ägyptens Wunsch dagegen ist es, Arafat die Wiedereinreise in den Gaza-Streifen zu gestatten, um zu verhindern, dass nach einem israelischen Rückzug die Islamisten der palästinensischen Terror-Organisation Hamas und Islamischer Dschihad die Macht im Gaza-Streifen übernehmen.

Der Gaza-Streifen gilt als Hochburg der Hamas. Die von den USA als Terrorgruppe eingestufte Organisation unterhält dort außerdem ein weitverzweigtes Netz aus sozialen Einrichtungen wie Kindergärten, Kliniken und Schulen.

Seit zweieinhalb Jahren in einem zerstörten Haus

Arafat, der seit mehr als zweieinhalb Jahren in seinem halb zerstörten Hauptquartier Mukata in Ramallah im Westjordanland faktisch unter Hausarrest steht, soll nach den Vorstellungen Ägyptens eine geordnete Übergabe des Gaza-Streifens an palästinensische Sicherheitskräfte garantieren.

Die ägyptische Regierung fühlt sich in ihrer Haltung durch jüngste Äußerungen aus den USA bestätigt. Zu Beginn der Woche hatten Mitglieder der amerikanischen Regierung Israel dazu aufgefordert, Verhandlungen mit der Palästinensischen Autonomiebehörde wieder aufzunehmen, um eine Machtübernahme des Gaza-Streifens durch Mitglieder der Hamas und des Islamischen Dschihad zu verhindern.

Mitte Juni sollen etwa 200 ägyptische Sicherheitsoffiziere bei der Ausbildung einer palästinensischen Polizeitruppe helfen, die in der Grenzregion zu Ägypten im Süden des Gaza-Streifens für Ordnung sorgen soll, meldeten israelische Medien am Dienstag.

Vom Gaza-Streifen wurden am Dienstag zwei Kassam-Raketen auf die israelische Stadt Sderot abgefeuert, die sich in der Nähe der Farm von Premierminister Scharon befindet. Verletzt wurde nach Polizeiangaben aber niemand.

© SZ vom 2.6.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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