Israel:Das Ende der blutigen "Tage der Buße"

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Israel will seine Großoffensive im Gazastreifen offenbar abschwächen und einen Teil der Truppe aus dem Gebiet abziehen.

Die israelische Regierung will ihre Offensive "Tage der Buße" im Gazastreifen nach mehr als zwei Wochen ausklingen lassen. Danach will sie ungeachtet der anhaltenden Widerstände der Siedlerbewegung ihre Vorbereitungen für einen Rückzug aus diesem Gebiet vorantreiben.

Nach einer mehr als zweiwöchigen Großoffensive im nördlichen Gazastreifen will Israel einen Teil der Truppe aus dem Gebiet abziehen. Dies hätten Regierungschef Ariel Scharon und Verteidigungsminister Schaul Mofas bei einem Treffen am späten Donnerstagabend beschlossen, berichtete das israelische Militärradio unter Berufung auf ranghohe Sicherheitskräfte.

Es sollten dort aber weiterhin Soldaten stationiert bleiben; der Einsatz gehe weiter. Die Vereinigten Staaten mahnten ein rasches Ende der Offensive an.

Dem Radiobericht zufolge will Israel einen bedeutenden Teil der Soldaten aus den palästinensischen Städten Dschabalija und Beit Lahija abziehen. Mofas habe Scharon bei dem abendlichen Treffen die jüngsten Einschätzungen ranghoher Militärs vorgelegt, wonach die Offensive ihr Ziel erreicht habe. Ein ranghoher Militär sagte der israelischen Tageszeitung Maariv, der Einsatz "erschöpfe" sich und werde nur zu Komplikationen führen, wenn er noch weitergehe.

"Stadt sieht aus wie nach einem Erdbeben"

"Jeder zusätzliche Tag macht die humanitäre Lage im nördlichen Gazastreifen schlimmer." US-Außenamtssprecher Richard Boucher erklärte in Washington, die USA "hoffen immer noch darauf, dass Israel diesen Einsatz so schnell wie möglich abschließt, mit dem geringstmöglichen Schaden für die Zivilbevölkerung". Nach israelischen Angaben zielt die Offensive darauf ab, weiteren Beschuss durch palästinensische Kassam-Raketen zu verhindern - aber erst am Mittwoch feuerten Unbekannte in Beit Lahija wieder zwei Raketen ab.

Bei ihrem Angriff auf das Flüchtlingslager Dschabalija tötete die Armee einen Palästinenser. Drei weitere Menschen seien verletzt worden, als ein israelischer Kampfhubschrauber eine Rakete auf das Lager abgefeuert habe, hieß es in palästinensischen Ärztekreisen. Zwei von ihnen hätten schwere Verletzungen erlitten. Bei einem Luftangriff auf die Stadt Rafah kamen drei Palästinenser ums Leben, unter ihnen ein 70 Jahre alter Mann.

Dem Bürgermeister von Beit Lahijah, Mohammed el Masri, zufolge sah seine Stadt aus wie nach einem Erdbeben. "Viele Häuser sind zerstört worden, Strom, Wasser und Telefon sind unterbrochen, Autos sind von den Panzern zermalmt worden." Seit Beginn des Großeinsatzes am 28. September starben 125 Palästinenser.

Arafats Hilferuf

Palästinenserpräsident Jassir Arafat rief die Arabische Liga um Hilfe an. Der Vorsitzende der Liga, Amr Mussa, solle "seine Kontakte zur Weltgemeinschaft verstärken, um die palästinensische Bevölkerung gegen Israels offizielle Tötungspolitik zu unterstützen", forderte Arafat einem Sprecher der Arabischen Liga zufolge. Dadurch solle auch der Friedensprozess wiederbelebt werden, "der sich derzeit in einer Sackgasse befindet".

In etwa hundert israelischen Städten und Siedlungen protestierten am Donnerstagabend Tausende jüdische Siedler und ihre Unterstützer gegen Scharons Rückzugsplan. Allein in Jerusalem demonstrierten bis zu dreitausend Menschen vor dem Regierungssitz. Die Organisatoren hatten mit bis zu einer halben Million Demonstranten gerechnet. Die israelische Tageszeitung Haaretz hatte zuvor berichtet, dass Scharon den geplanten Abzug aus dem Gazastreifen bereits im kommenden Mai beginnen lassen wolle.

Sein bisheriger Zeitplan sah vor, den Rückzug der israelischen Armee und der 8000 jüdischen Siedler aus dem Gazastreifen im Juni 2005 zu beginnen und etwa drei Monate später abzuschließen. Für sein Vorhaben sucht der Ministerpräsident noch immer eine parlamentarische Mehrheit, nachdem er diese im Juni im Streit mit Koalitionspartnern über den Abzugsplan verloren hatte. Das Parlament soll am 25. Oktober abstimmen.

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