Israel:Arbeitspartei verhandelt mit Scharon über Koalition

Lesezeit: 1 min

Die Opposition in Israel hat das Angebot des Premiers zu Koalitionsgesprächen angenommen. Sowohl in der Arbeitspartei als auch in Scharons Likud gibt es jedoch Widerstand gegen eine große Koalition.

Von Thorsten Schmitz

Die Spitze der Oppositionspartei stimmte der Aufnahme von Verhandlungen am Dienstag mit großer Mehrheit zu, wie Führungsmitglied Abraham Schochat mitteilte.

Man habe sich dafür ausgesprochen, nachdem Parteichef Schimon Peres einen Zeitplan für den Rückzug aus dem Gaza-Streifen sowie Wirtschaftsreformen als Forderungen bei den Verhandlungen erhoben habe.

Sowohl in der Arbeitspartei als auch in Scharons Likud formiert sich aber Widerstand gegen eine große Koalition.

So forderte Scharon offenbar auch zwei ultra-orthodoxe Parteien zu entsprechenden Verhandlungen auf und verärgerte damit die Arbeitspartei sowie die mitregierende Schinui-Fraktion.

Zunächst hatte sich die Arbeitspartei als einzige Kandidatin für eine Regierungsbeteiligung betrachtet, nachdem Scharon durch die Entlassung zweier Minister die Mehrheit im Parlament verloren hat.

Der Ministerpräsident sucht nun seine Regierung zu stärken, um Mehrheiten im Parlament sowohl für die Abstimmung über den Haushalt 2005 im Herbst als auch für den geplanten Rückzug aus dem Gaza-Streifen zu bekommen.

Der Fraktionschef der strikt säkularen Schinui-Partei, Tommy Lapid, drohte am Dienstag mit einem Auszug aus der Regierung, sollte Scharon die ultra-orthodoxen Parteien in die Koalition aufnehmen.

Die ultra-orthodoxen Parteien wiederum würden eigenen Angaben zufolge nur dann der Koalition beitreten, wenn die antireligiöse Schinui austräte.

Israelische Medien zufolge umwirbt Scharon sowohl die Schas-Partei als auch die Partei "Vereinigtes Thora-Judentum". Zwar würde der Premier durch eine Koalition mit der Arbeitspartei über eine bequeme Mehrheit von 80 Abgeordneten im 120-köpfigen Parlament verfügen.

Allerdings bestünde seine Koalition dann ausschließlich aus weltlichen Parteien, was die Religiösen in Israel vor den Kopf stieße.

Warnung an die Arbeitspartei

Der Versuch, die beiden ultra-orthodoxen Parteien einzubinden, könnte aber auch als Warnung an die Arbeitspartei verstanden werden, keine überzogenen Forderungen bei der Vergabe der Ministerposten zu stellen.

Dem Vernehmen nach verlangt sie bis zu acht Ministerposten, darunter das Außenressort. Der derzeitige Amtsinhaber Silvan Schalom ist aber nicht bereit, seinen Posten abzugeben.

Die USA sehen offenbar die Chancen für die Schaffung eines Palästinenserstaates bis 2005 schwinden. Im Friedensfahrplan des Nahost-Quartetts, dem die USA, Russland, die EU und die UN angehören, wird ein palästinensischer Staat für 2005 in Aussicht gestellt.

US-Außenamtssprecher Richard Boucher sagte, Grund für die Verzögerung seien die anhaltende Gewalt und die Unfähigkeit der Autonomiebehörde, die Angriffe palästinensischer Terroristen auf Israelis zu stoppen.

Die israelische Armee tötete am Dienstag nach Angaben des Rundfunks ein führendes Mitglied des Islamischen Dschihad in Dschenin.

© SZ vom 14.7.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: