IS-Propaganda:Mit Spongebob gegen Israel

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Panzer und Pop - der so genannte Islamische Staat will vor allem junge Menschen ansprechen. (Foto: AP)

Um Anhänger zu gewinnen, setzt der IS im Internet zunehmend auf Jugendkultur. Die Nachrichten und Videos werden immer ausgefeilter.

Von Jan Heidtmann, Berlin

Während die ersten Tornados zum Kampf gegen den IS aufbrechen, werben Islamisten auf einem anderen Schauplatz zusehends erfolgreicher um Anhänger: dem Internet. Mit immer ausgefeilteren Nachrichten und Videos wenden sie sich gezielt an Jugendliche in westlichen Ländern. So wurde ein anti-jüdisches Video einer islamistischen Gruppierung binnen kürzester Zeit fast 400 000 Mal aufgerufen. "Wir sind schon etwas erschrocken über die Professionalität, mit der die Videos gemacht sind", sagte Stefan Glaser, stellvertretender Leiter Jugendschutzorganisation "jugendschutz.net".

Die Beiträge der Propagandisten bedienten sich der Alltagssymbolik Jugendlicher und versuchten an deren Lebenswelt anzuknüpfen, sagte Glaser: eine Art "Pop-Dschihad". Dazu gehören Aufrufe zum heiligen Krieg, die mit dem Logo einer populären Sportmarke spielen oder islamistische Kämpfer, die als "Transformers" - Hauptdarsteller eines Hollywood-Blockbusters - auftreten. In einem Video, das zur Zerstörung Israels aufruft, sind die Protagonisten Figuren aus der bekannten Cartoon-Serie "Spongebob"; in einem anderen Beitrag bedienen sich die Islamisten der Bildsprache von "Grand Theft Auto", einem der bestverkauften Videospiele der Welt.

Jugendschutz.net beobachtet die islamistische Internet-Propaganda seit 2002 und präsentierte nun ihre jüngste Studie "Islamismus im Internet", die mit Unterstützung der Bundeszentrale für politische Bildung entstanden ist. Um ihre Botschaften zu verbreiten, nutzten die Islamisten zunehmend die sozialen Medien, darunter klassische Dienste wie Facebook, Twitter und Youtube. Europol geht davon aus, das der IS allein über Twitter täglich 100 000 Nachrichten verschickt.

Zusätzliche Funktionen etablierter Dienste aber auch neue Plattformen würden von den Propagandisten zudem sofort eingesetzt, sagte Glaser. "Es ist irre zu sehen, wie gut sie darin sind." Jüngstes Beispiel ist "Telegram", ein Programm zur Kommunikation in großen Gruppen. Über die App, deren Firmensitz in Berlin ist, verbreitete der IS auch sein Bekennerschreiben nach den Anschlägen von Paris. Nachdem Telegram im August die Broadcast-Funktion einführte - eine Möglichkeit, um leichter Videos zu verbreiten - setzte sie der IS umgehend ein, um Bilder von den Kriegen in Syrien und im Irak zu senden. "Aus einem Kämpfer wird so ein Live-Berichterstatter von der Front", sagte Glaser.

Doch zumindest der "Cyber-War" des IS scheint ein ungleicher Kampf zu sein. Denn während die Propagandisten weitgehend ungehemmt senden können, bleibt nur wenig, was dagegen unternommen werden kann. Um wirksam gegen den IS im Internet vorzugehen, braucht es die Hilfe von Google, Facebook und anderen. Zwar sagt Glaser, dass sie einen "engen Dialog" mit den Betreibern führten, auch würden indizierte Beiträge gelöscht. Gegen eine Funktion wie "Related Videos" bei IS-Propaganda wird aber auf Youtube nichts getan. So wird beim Ansehen eines Gräuel-Videos auch weiterhin gleich auf das nächste verwiesen.

© SZ vom 11.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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