Iran:Chamenei: Wahlbeteiligung ist religiöse Pflicht

Lesezeit: 1 min

Der oberste Führer Irans hat die Bürger zur Stimmabgabe bei der Parlamentswahl an diesem Freitag aufgerufen. Der Vorsitzende des Wächterrates, Ajatollah Ahmad Jannati, erklärte, jede abgegebene Stimme sei eine "Kugel in das Herz" von US-Präsident George W. Bush.

Angesichts der Versuche von Gegnern der Islamischen Republik, die Menschen vom Urnengang abzuhalten, sei die Wahlbeteiligung eine religiöse Pflicht, sagte der Ajatollah.

Die Wahl ist wegen des Ausschlusses von mehr als 2000 mehrheitlich reformorientierten Kandidaten umstritten. Der konservative Wächterrat, eine Art Verfassungsgericht, hatte ihre Anschauungen als verfassungswidrig und als Versuch eingestuft, das islamische System zu untergaben.

Liberale Gruppen und Studentenorganisationen kündigten daraufhin einen Wahlboykott an. Diesen unterstützt auch Friedensnobelpreisträgerin Schirin Ebadi.

Der Vorsitzende des Wächterrates, Ajatollah Ahmad Jannati, erklärte bei seinem Freitagsgebet in der Hauptstadt Teheran, die USA und der Westen versuchten, eine angebliche Distanz zwischen iranischem Volk und der Führung Glauben zu machen.

Die Menschen sollten diese "Verschwörung" durch eine rege Wahlbeteiligung Lügen strafen. Jede abgegebene Stimme sei eine "Kugel in das Herz" von US-Präsident George W. Bush.

Insgesamt sind rund 46 Millionen Iraner über 16 Jahre stimmberechtigt, die 290 Sitze im so genannten Madschlis für die nächsten vier Jahre zu vergeben.

Reformzeitungen verboten

Unmittelbar vor der Wahl hatte die konservative Justiz die beiden letzten großen Reformzeitungen verboten.

Jas-e-nu und Schark durften bereits am Donnerstag nicht mehr erscheinen, nachdem sie Auszüge einer Erklärung von Reformpolitikern veröffentlicht hatten, die gegen den Ausschluss der reformorientierten Bewerber vor der Wahl protestierten und dabei den obersten geistlichen Führer Ayatollah Ali Chamenei direkt kritisierten.

Das Verbot der beiden reformorientierten Tageszeitungen wurde von einigen Kritikern der Hardliner als Vorsorgemaßnahme gesehen, um ihnen unangenehme Berichterstattung im Falle einer geringen Wahlbeteiligung zu verhindern. Wer einen parlamentarischen Coup plane, müsse Zeitungen zum Schweigen bringen, erklärte Jas-e-nu-Kolumnist Hamidresa Dschalaeipur.

Seit Ende der 90er Jahre haben die Konservativen Dutzende liberale Veröffentlichungen in Iran verboten. Jas-e-nu und Schark wurde unter anderem vorgeworfen, die Islamische Republik zu untergraben.

Mit vorläufigen Ergebnissen aus den fast 40.000 Wahllokalen wird am Samstag gerechnet; ein vom Wächterrat gebilligtes Endergebnis wird frühestens am Sonntag veröffentlicht.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: