Irak:"US-Soldaten operierten Gefangene in Abu Ghraib"

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In mehreren Fällen mussten Angehörige der US-Streitkräfte Häftlingen offenbar eigenhändig Gliedmaßen amputieren. Die Armee hatte für die bis zu 7000 irakischen Häftlinge zunächst keinen Arzt fest angestellt.

Washington/Bagdad (AFP/dpa) - Amerikanische Soldaten im Bagdader Gefängnis Abu Ghraib, im Vorjahr durch den US-Folterskandal bekannt geworden, sollen einem Pressebericht zufolge eigenhändig Gefangene operiert haben.

Weil die Armee für die bis zu 7000 irakischen Häftlinge zunächst keinen Arzt fest angestellt gehabt habe, hätten Soldaten Operationen vornehmen müssen, für die sie nicht ausgebildet gewesen seien - in mehreren Fällen hätten sie den Gefangenen sogar Gliedmaßen abgenommen, berichtete das US-Nachrichtenmagazin Time .

Seine Kameraden und er hätten mehrmals Operationen ausgeführt, für die ein Chirurg nötig gewesen wäre, sagte Kelly Parrson, Hauptmann der US-Nationalgarde.

Grundlegende Dinge nicht vor Ort

Er selbst habe Patienten "einen Knöchel und einen Unterschenkel" abgenommen. Wenn einer der Häftlinge gestorben sei, hätten sie ihm den Atemschlauch entfernt und ihn einfach einem anderen Patienten angelegt, weil es nicht genügend Material gegeben habe, sagte Parrson. Es habe an grundlegenden Dingen wie Kathetern, Atemschläuchen und Gipsverbänden gefehlt.

Die US-Armee richtete nach eigenen Angaben im Vorjahr im Abu-Ghraib-Gefängnis eine Krankenstation mit 52 Betten und 200 medizinisch ausgebildeten Mitarbeitern ein.

Derzeit sitzen in der Haftanstalt gut 3000 Gefangene der US-Armee ein; hinzu kommen laut Time Insassen, die von der irakischen Regierung inhaftiert wurden.

Die Bilder von der Misshandlung irakischer Gefangener durch US-Soldaten in Abu Ghraib hatten 2004 die Öffentlichkeit schockiert.

Schlimme Anschläge

Am blutigsten Tag seit den Wahlen vor gut einer Woche wurden am Montag im Irak mindestens 30 Menschen getötet. Der schlimmste Zwischenfall ereignete sich in Bakuba, wo ein Attentäter vor einer Rekrutierungsstelle der Polizei 14 Bewerber mit in den Tod riss.

In Mosul starben elf Polizisten, als sich ein Attentäter vor einer Klinik in die Luft sprengte. Die US-Armee meldete den Tod eines Soldaten in Bagdad. Auch in weiteren Städten kamen Menschen ums Leben. Zu den Anschlägen in Bakuba und Mosul bekannte sich die Gruppe des Extremisten Abu Musab al-Sarkawi.

Hingegen bestritt die Organisation in einer von al-Dschasira verbreiteten Botschaft, für die Entführung der italienischen Journalistin Giuliana Sgrena, die für Il Manifesto und Die Zeit arbeitet, verantwortlich zu sein.

Am Wochenende hatte eine Gruppe, die sich "Organisation des Dschihad im Zweistromland" nennt, der Regierung in Rom ein Ultimatum bis zum gestrigen Montagabend für den Abzug der Soldaten gestellt und mit der Ermordung der Korrespondentin gedroht.

Es wurde vermutet, dass es sich um eine Gruppe aus dem Netzwerk al-Sarkawis handeln könnte. Die Entführer erklärten am Montag im Internet, sie wolle "in Kürze" über Sgrenas Schicksal entscheiden.

© SZ vom 8.2.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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