Irak:Übergangsregierung nimmt Formen an

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Gut einen Monat vor der geplanten Machtübergabe im Irak hat der provisorische Regierungsrat Ijad Allawi für das Amt des Ministerpräsidenten vorgeschlagen. Nach der Nominierung durch den Regierungsrat ließ der UN-Sonderbeauftragte für Irak, Lakhdar Brahimi, mitteilen, er "respektiere" die Entscheidung des Gremiums.

Der Mediziner und schiitische Muslim war einst Mitglied der Baath-Partei, bis er in den 70er Jahren mit Saddam Hussein brach und ins Exil ging. US-Außenminister Colin Powell regierte vorsichtig auf die Entscheidung des Regierungsrats. Die UN "respektierten" die Nominierung mit spürbarer Verärgerung.

Unterdessen wurden zwei Anschläge auf das Regierungsratsmitglied Salama el Chafadschi und einen weiteren Schiitenpolitiker verübt, die beide unverletzt blieben. Zwei Begleiter Chafadschis starben. Powell sagte in Washington, die USA arbeiteten mit dem Irak- Beauftragten der UN, Lakhdar Brahimi, zusammen und warteten auf dessen Bericht. Er freue sich, dass Allawi solche Unterstützung genieße. Allawi ist Vorsitzender der Partei Irakischer Nationaler Konsens und präsentiert sich gern als "starker Mann" des Regierungsrates.

Brahimi zur Zusammenarbeit bereit

UN-Sprecher Fred Eckhard räumte ein, dass ursprünglich die Mitglieder der neuen irakische Führung durch Brahimi bekannt gegeben werden sollten. Ungeachtet dessen sei Brahimi aber bereit, mit Allawi zusammenzuarbeiten und mit ihm über die weiteren Kandidaten für die künftige Übergangsregierung zu sprechen.

Nur wenige Stunden nach einem Angriff auf einen Konvoi von Regierungsratsmitglied Chafadschi wurde nach dem Freitagsgebet in der Pilgerstadt Nadschaf das Auto von Scheich Sadreddin el Kabandschi, einem führenden Mitglied des Hohen Rates für die Islamische Revolution im Irak (SCIRI), beschossen. Nach dem Anschlag auf Kabandschi wurde ein Verdächtiger festgenommen. Dieser gab an, er habe für den Angriff Geld erhalten. Den Namen eines Auftraggebers nannte er nicht.

In der Region südlich von Bagdad, in der auch Chafadschis Konvoi angegriffen wurde, starben zwei 61 und 33 Jahre alte Japaner. Die Leichen der Männer seien nach dem Anschlag vom Donnerstag in sein Krankenhaus gebracht worden, berichtete ein Arzt. Die Journalisten waren auf dem Weg vom Standort der japanischen Truppen in Samawa nach Bagdad.

In Kufa gab es trotz einer vereinbarten Waffenruhe neue Gefechte zwischen US-Soldaten und Anhängern des radikalen Schiiten-Predigers Muktada al Sadr. Dabei wurden nach Angaben von Ärzten 6 Iraker getötet und 14 verwundet. Die US-Truppen gaben al Sadrs "Mahdi"- Miliz die Schuld an den neuen Kämpfen. Bei einem Angriff seien zwei Soldaten verletzt worden, sagte eine US-Militärsprecherin.

Augenzeugen erklärten dagegen, die Kämpfe hätten begonnen, nachdem US-Soldaten auf Iraker geschossen hätten, die auf dem Weg zum Freitagsgebet gewesen seien. Die US-Truppen ließen weitere Gefangene aus dem berüchtigten Militärgefängnis von Abu Ghoreib bei Bagdad frei. Im Laufe des Tages sollten bis zu 600 irakische Häftlinge entlassen werden. In Warschau wies ein Militärsprecher Berichte entschieden zurück, an Misshandlungen von Gefangenen im Irak seien auch polnische Soldaten beteiligt gewesen.

Fischer gegen Nato-Einsatz im Irak

Bundesaußenminister Joschka Fischer wandte sich unterdessen gegen einen Nato-Einsatz im Irak. Westliche Truppen würden dort - "egal unter welchen Bedingungen" - immer als Besatzungstruppen gesehen, sagte Fischer im Bundestag. Bundeskanzler Gerhard Schröder hatte sich am Vorabend auf einer Mexiko-Reise gegen den Vorschlag Chinas ausgesprochen, schon jetzt ein Datum für den Abzug der ausländischen Truppen aus dem Irak zu fixieren.

Dänemark will nach den Worten von Ministerpräsident Anders Fogh Rasmussen seine Truppen so lange im Irak lassen, "bis die Arbeit erledigt" sei. Sein Land wolle beim Aufbau einer neuen, modernen und demokratischen Gesellschaft im Irak helfen, sagte Rasmussen in Washington nach einem Gespräch mit US-Präsident George W. Bush.

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