Irak:Susanne Osthoff ist frei

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Mit Erleichterung haben Angehörige und Politiker auf die Freilassung der Deutschen nach mehr als dreiwöchiger Geiselhaft im Irak reagiert. Die Archäologin befindet sich in der deutschen Botschaft in Bagdad in Sicherheit.

"Ich weiß, meine Schwester ist ein starker Mensch, ein sehr starker Mensch. Und ich hoffe, dass sie keinen psychischen Schaden davongetragen hat", sagte Robert Osthoff dem Fernsehsender n-tv.

Robert Osthoff (h. r.), der Bruder von Susanne Osthoff, gibt in seinem Haus in Grafing bei München mit Onkel Peter Osthoff und Tante Hannelore Osthoff ein erstes TV-Interview nach der Freilassung. (Foto: Foto: Reuters)

"Ich kenne meine Schwester - und die wird schon so lang auf die Leute eingeredet haben, bis sie sie freigelassen haben." Auch die Mutter, Ingrid Hala, mit der er bereits gesprochen habe, sei "überglücklich".

Onkel Peter Osthoff sagte: "Ich habe jetzt nicht mehr damit gerechnet, dass sie so schnell frei kommt. Wir haben gehofft, dass sie vielleicht zu Weihnachten wieder zu Hause ist, dass die Geiselnehmer vielleicht ein Herz zeigen. (...) Dass es jetzt geklappt hat, macht uns überglücklich."

Fahrer weiter in Geiselhaft

Sie sei bei guter körperlicher Verfassung und befinde sich seit Sonntag "in sicherer Obhut in der Botschaft in Bagdad". Die Entführer hätten angekündigt, auch den zusammen mit Osthoff verschleppte Fahrer in Freiheit zu entlassen.

Osthoffs Familie sei am Abend informiert worden. Weiter Einzelheiten über die Freilassung wollte Steinmeier nicht nennen. "Heute nicht", sagte der Außenminister.

Die Entführer hätten angekündigt, auch den zusammen mit Osthoff verschleppten Fahrer Chalid al Schimani in Freiheit zu entlassen. Osthoffs Familie sei am Abend informiert worden. Weitere Einzelheiten über die Freilassung und die Geiselnehmer nannte Steinmeier nicht. "Heute nicht", ergänzte der Außenminister. Unklar blieb zunächst, ob Lösegeld gezahlt worden ist.

Im Namen der gesamten Bundesregierung sagte Steinmeier all jenen Dank, die zu dem glücklichen Ende der Entführung beigetragen hätten. Der Außenminister erinnerte zugleich an jene Menschen, die noch immer in der Gewalt von Geiselnehmern im Irak seien.

Mehrere Westeuropäer verschleppt

Die Bundesregierung appelliere dringend an die Entführer, weitere Geiseln in sichere Obhut zu übergeben, sagte Steinmeier. Im Irak sind in den vergangenen Wochen außer Osthoff mehrere andere Westeuropäer verschleppt worden. Ein Sprecher des Auswärtigen Amtes wollte sich zu einem möglichen Zeitpunkt für die Rückkehr Osthoffs nach Deutschland nicht äußern.

Die Entführer hatten vor drei Wochen in einer Videoaufzeichnung ein Ende der Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Irak verlangt. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte wiederholt betont, Deutschland werde sich nicht erpressen lassen.

Die 43-Jährige Bayerin war am 25. November als erste Deutsche nach dem Sturz des irakischen Präsidenten Saddam Hussein zusammen mit ihrem Fahrer von Unbekannten im Nordirak verschleppt worden. Sie hatte seit Jahren in der Krisenregion Hilfsleistungen organisiert.

Bis vor einigen Jahren war Osthoff mit einem Iraker verheiratet. Aus dieser Ehe hat sie eine 12-jährige Tochter, die in Deutschland lebt. Die Entführer hatten in einer Videoaufzeichnung ein Ende der Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Irak verlangt.

Der Bruder der Verschleppten, Robert Osthoff, sagte im Fernsehsender n-tv, er und die ganze Familie seien dankbar, dass Susanne wieder frei sei. "Meine Schwester hat ein starkes Herz. Sie wollte nie politisch aktiv sein (...) sie wollte nur helfen."

Für eine Spionin gehalten

Focus und ZDF hatten am Wochenende berichtet, Osthoff sei von ihren Entführern zunächst der Spionage für einen westlichen Geheimdienst verdächtigt worden. Die Kidnapper, angeblich eine militante islamische Splittergruppe namens "Armee der Mudschaheddin", seien inzwischen aber überzeugt, keine Agentin in ihrer Gewalt zu haben.

Der Bürgermeister von Osthoffs früherer bayerischer Heimatgemeinde Glonn, Martin Esterl, sagte der dpa: "Das ist eine große Erleichterung für uns alle." Er freue sich vor allem für die Familie und die Menschen, die sich die ganze Zeit über für die Archäologin eingesetzt hatten.

"Ich freue mich natürlich darauf, wenn wir sie hier wieder persönlich begrüßen dürfen." Das werde allerdings noch einige Zeit dauern, erst einmal brauche Osthoff jetzt viel Ruhe.

Auch der Zentralrat der Muslime in Deutschland reagierte erfreut über das Ende der Geiselnahme. "Möge Gott unser Land, die deutsche Bevölkerung und die gesamte Welt vor ähnlichen verbrecherischen Handlungen in Zukunft bewahren", sagte der Zentralratsvorsitzende Nadeem Elyas.

SPD-Fraktionschef Peter Struck dankte Außenminister Steinmeier für dessen umsichtiges Verhalten in dem Entführungsfall. Der frühere Kanzleramtschef habe in einer schwierigen Situation einmal mehr bewiesen, "dass er für Deutsche im Ausland alles Erdenkliche tue", sagte Struck.

"Ein beeindruckender Erfolg der neuen Regierung"

Der außenpolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Eckart von Klaeden (CDU) sagte, die Freilassung sei "ein beeindruckender Erfolg der neuen Bundesregierung, die sich mit großem Einsatz für ihre Freilassung engagiert hat." FDP-Chef Guido Westerwelle erklärte: "Die Bundesregierung hat mit Umsicht und großem Geschick gehandelt."

Grünen-Fraktionsvize Jürgen Trittin sagte: "Wir sind erleichtert über die Freilassung von Susanne Osthoff. Zugleich hoffen wir, dass ihr Fahrer - wie angekündigt - sehr bald auch seine Freiheit erlangt." Die deutschen Sicherheitsbehörden hatten sich intensiv um die Freilassung der Geiseln bemüht. Osthoffs Familie hatte mehrmals eindringlich an die Entführer appelliert, die 43-Jährige freizulassen.

In Deutschland war am Wochenende die Unterstützung für die Verschleppte weiter gewachsen. Mit einer Kampagne hatten sich auch Medienschaffende für die Archäologin eingesetzt. Mehrere islamische Institutionen hatten am Freitagabend eine Mahnwache für Osthoff und ihren Fahrer in Berlin abgehalten.

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