Irak:Risse im Bündnis zwischen USA und Großbritannien

Lesezeit: 1 min

Amerikaner und Briten sind sich in Bezug auf das künftige Verhältnis zwischen Koalitionstruppen und der irakischen Regierung offenbar uneins. Tony Blair möchte den Irakern ein Veto gegen Militäraktionen wie den US-Angriff auf Falludscha einräumen. Das aber passt den USA nicht.

Trotz der von den Vereinigten Staaten und Großbritannien auf den Weg gebrachten Irak-Resolution sind gut einen Monat vor der angekündigten Machtübergabe in Bagdad entscheidende Detailfragen offen.

Äußerungen des britischen Premiers Tony Blair und des US-Außenministers Colin Powell erweckten sogar den Eindruck, London und Washington seien sich über das künftige Verhältnis zwischen Koalitionstruppen und irakischer Regierung uneins. Blairs Stellvertreter John Prescott wies dies am Mittwoch als "völligen Unsinn" zurück.

Blair hatte dafür plädiert, die künftige Übergangsregierung sollte ein Veto gegen Militäraktionen - wie zuletzt den amerikanischen Angriff auf Falludscha - einlegen können.

Powell sagte, die letzte Entscheidung werde bei den Koalitionstruppen bleiben. Vor allem die US-Streitkräfte behielten sich das Recht vor, "alles Notwendige für unseren eigenen Schutz zu tun".

Prescott betonte, dass es unter die Souveränität einer irakischen Regierung fallen sollte, wie Terrorismus zu bekämpfen sei. Im Falle eines Angriffs hätten die Besatzungstruppen natürlich das Recht, sich selbst zu verteidigen: "Niemand bezweifelt das."

Ein Mitglied des irakischen Regierungsrats, Adnan Patschatschi, sagte dem britischen Sender BBC, die irakische Position sei, "dass alle Operationen die Zustimmung der irakischen Regierung haben müssen."

Die britische Presse machte am Mittwoch offene Uneinigkeit zwischen Premier Blair und US-Präsident Bush aus. Nach Darstellung der Times wollte Blair mit seinen Äußerungen Forderungen Frankreichs und Russlands für eine neue UN-Resolution zum Irak nachkommen.

Vor den Europa-Wahlen auf Distanz zu den USA

Beide Länder verlangen eine möglichst weitgehende Übergabe der Macht. Ein großer Teil seiner Labour-Partei erwartet vom Premier außerdem, dass er sich vor den Europa-Wahlen im Juni von Bushs Irak-Politik distanziert.

Auch Blair selbst versicherte am Mittwoch im Unterhaus, es gebe keine Differenzen zwischen ihm und Bush: "Wir sind uns beide völlig einig, dass die volle Souveränität auf das irakische Volk übertragen werden sollte und die multinationalen Streitkräfte unter amerikanischem Kommando bleiben."

Dagegen bewertete der Daily Telegraph die Äußerungen Blairs und Powells als den "ersten öffentlichen Hinweis auf Uneinigkeit zwischen Amerika und Großbritannien hinsichtlich der geplanten Machtübertragung am 30. Juni". Der Guardian schrieb: "Blairs Äußerungen gehen wesentlich weiter als der Standpunkt Washingtons.

© AP - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: