Irak:Polnische Forderung verärgert Struck

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Polens Vorschlag, Deutschland und Dänemark sollten sich an der multinationalen Stabilisierungstruppe im Irak beteiligen, überrascht den deutschen Verteidigungsminister.

Verteidigungsminister Peter Struck (SPD) ärgert sich über Polens "absolut überraschenden Vorschlag" einer Beteiligung Deutschlands und Dänemarks an der geplanten multinationalen Stabilisierungstruppe im Irak.

Das sei mit Berlin nicht abgestimmt gewesen, sagte Struck am Dienstag während seines Rückflugs von Washington nach Berlin. Der Vorstoß werde jetzt geprüft.

Der Minister erfuhr in Washington davon, als sein polnischer Amtskollege Jerzy Szmajdzinski dies bereits öffentlich gemacht hatte - "ohne, dass wir zuvor auch nur ein Wort darüber geredet hätten".

Szmajdzinski hatte gestern in der US-Zeitung Washington Times den Wunsch geäußert, dass sich deutsche sowie dänische Soldaten mit den polnischen Truppen in Irak zusammenschließen. Er verwies darauf, dass es innerhalb der Nato bereits ein deutsch-polnisch-dänisches Korps gebe. Für die Aufgabe in Irak bestehe also bereits eine "fertige Kommandostruktur".

Szmajdzinski zeigte sich zuversichtlich, dass die USA an einer Kooperation Polens mit Deutschland und Dänemark innerhalb der Irak-Truppe "interessiert" seien, ungeachtet des deutsch-amerikanischen Streits um den Krieg. Nach Angaben des polnischen Verteidigungsministers sollen die Truppen seines Landes voraussichtlich den nördlichen Irak oder die Region zwischen Basra und Bagdad kontrollieren.

Herausgehobene Rolle auf Wunsch der USA

In der internationalen Truppe im Irak soll neben den USA und Großbritannien vor allem das künftige EU-Mitglied Polen - Teil der "Koalition der Willigen" - auf Wunsch der USA eine herausgehobene Rolle spielen und einen von drei geplanten Sektoren kontrollieren. Polen hatte den Irak-Krieg unterstützt.

Der Einsatz solle im Juli beginnen. Er hoffe, für den polnischen Sektor 7000 Soldaten zusammen zu bekommen; 1500 bis 2200 davon werde Polen selbst stellen. Polen habe wegen seiner wirtschaftlichen Schwierigkeiten nicht die Haushaltsmittel, um eine solche Operation allein zu finanzieren.

Wie Struck erklärte, sei auch Dänemark von den polnischen Vorschlag nicht informiert gewesen. Er werde bei einem Besuch in Kopenhagen an diesem Mittwoch mit den Dänen darüber sprechen. Eine Entscheidung brauche eine lange Prüfphase. "Und klar ist, dass dafür ein Bundestagsmandat nötig ist."

Struck wiederholte, dass eine Resolution des UN-Sicherheitsrates für den Irak hilfreich wäre. Die USA und Großbritannien bemühten sich derzeit zusammen mit Russland, China und Frankreich darum.

Erreicht, was er erreichen wollte

Seinen Besuch in den USA bezeichnete der Verteidigungsminister unterdessen als Erfolg. Er habe erreicht, was er erreichen wollte.

Nach seinen Gesprächen mit seinem US-Amtskollegen Donald Rumsfeld, der Sicherheitsberaterin im Weißen Haus, Condoleezza Rice, und dem stellvertretenden US-Außenminister Richard Armitage sagte Struck, die deutsch-amerikanischen Beziehungen seien wieder "auf dem Weg der Normalisierung".

Die Zahl der Soldaten zum Schutz der US- Einrichtungen in Deutschland werde reduziert, Rumsfeld habe über den geplanten Abzug von US-Truppen aus Deutschland berichtet und die USA hätten die deutsche Initiative zum Nato-Einsatz in der internationalen Schutztruppe für Afghanistan (ISAF) gewürdigt.

"Keine gravierenden Veränderungen"

Struck berichtete, dass die USA über den Abzug von US-Soldaten aus Deutschland nicht vor September entscheiden wollten und er "keine gravierenden Veränderungen" erwarte. Rumsfeld habe versichert, dass, darunter keine "Strafaktion" wegen der deutschen Ablehnung des Irak-Kriegs zu verstehen sei. Der Grund seien Sparmaßnahmen bei US-Standorten auf der ganzen Welt.

Bei einem Zwischenstopp in Ottawa in der Nacht zum Dienstag kündigte der kanadische Verteidigungsminister John McCallum die Entsendung von 1800 Soldaten nach Kabul an. Struck sagte, dass damit die Bundeswehr entlastet werde, die im August mit den Niederländern die ISAF-Führung an die Nato abgibt.

McCallum sprach von freundschaftlichen Beziehungen zu Deutschland und unterstützte den Vorschlag, auch über einen Einsatz der Nato im Irak zu diskutieren.

(sueddeutsche.de/dpa/AP)

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