Irak:Entführungswelle soll "Koalition der Willigen" zermürben

Lesezeit: 2 min

Mit immer neuen Verschleppungen von Ausländern versuchen Auftständische, die Besatzungstruppen zum Abzug zu zwingen. Mitglieder des "Irakischen Widerstands" haben vier Italiener in ihre Gewalt gebracht. In Bagdad nahmen US-Soldaten einen Vertrauten des radikalen Schiitenführers Muktada al-Sadr vorübergehend fest.

Das Außenministerium in Rom bestätigte, vier italienische Mitarbeiter einer US-Sicherheitsfirma würden seit Montag vermisst.

Al-Dschasira zeigte eine Videobotschaft mit den vier Italienern, die von bewaffneten, maskierten Mitgliedern des "Irakischen Widerstandes" umstellt waren, die den Abzug der italienischen Truppen forderten.

Nach der vorübergehenden Entführung von fünf Ukrainern und drei Russen im Irak kündigte das russische Unternehmen Technoprom an, alle 370 Mitarbeiter aus dem Irak abzuziehen. Technoprom ist am Bau eines Kraftwerks bei Bagdad beteiligt.

Die russischen Ministerien für Verteidigung und Katastrophenschutz bereiteten sich darauf vor, alle Landsleute aus dem Irak in Sicherheit zu bringen, sagte Igor Iwanow, der Chef des Sicherheitsrats, in Moskau. Russland war einer der entschiedensten Gegner des Irakkriegs; die Ukraine hingegen unterstützt die US-geführte Koalition mit 1650 Soldaten.

Über das Schicksal der Mitte vergangener Woche entführten drei Japaner herrschte weiter Ungewissheit. Japans Kaiser Akihito forderte bei einem Treffen mit US-Vizepräsident Dick Cheney in Tokio ihre schnelle Freilassung. Seit Ablauf eines Ultimatums am Montag gab es keine Nachricht von den Entführten.

Drei tschechische Journalisten werden seit Sonntag vermisst. Acht Chinesen wurden am Montagabend wieder freigelassen. Sie seien möglicherweise von ihren Entführern für Südkoreaner oder Japaner gehalten worden, sagte ein chinesischer Diplomat. Beide Länder unterstützen die Koalition im Irak mit Truppen, während China den Irak-Krieg ablehnt. Vermisst wurden weiterhin neun Amerikaner, und zwar zwei US-Soldaten und sieben Mitarbeiter des amerikanischen Unternehmens Kellogg, Brown & Root.

Im Bagdader "Palestine-Hotel" nahmen US-Soldaten den Chef des Bagdader Büros von al-Sadr, Hasim el-Aradschi, fest. Nach fünfstündigem Verhör setzten sie ihn wieder auf freien Fuß. El-Aradschi hatte nach einem Bericht von al Dschasira an einem Treffen von Stammesführern teilgenommen, als US-Soldaten das Hotel stürmten. Der Chef des US-Zentralkommandos, General John Abizaid, hatte al-Sadr zuvor mit dem Tod gedroht. Es sei die "Mission der US-Streitkräfte, Sadr zu töten oder zu fassen". Al-Sadr, der Anführer des seit Tagen dauernden Schiiten-Aufstands, wird mit Haftbefehl gesucht.

Absturz eines US-Hubschraubers

In der Widerstandshochburg Falludscha verlängerten die sunnitischen Besatzungsgegner und die US-Armee ihre Waffenruhe bis Dienstagabend. Fuad Rawi, der Vermittler von der Irakischen Islamischen Partei, sagte, die Verhandlungen über eine unbefristete Waffenruhe würden fortgesetzt. Nach seinen Angaben wurden bei den Kämpfen um Falludscha seit Beginn der US-Offensive Anfang vergangener Woche 600 Iraker getötet und 1250 verletzt. Unter den Toten seien 160 Frauen, 141 Kinder und viele ältere Menschen gewesen.

In der Nähe von Falludscha stürzte am Dienstag ein US-Transporthubschrauber des Typs MH-53 ab. Das gab ein US-Offizier in Falludscha bekannt, ohne jedoch Angaben darüber zu machen, ob es sich um einen Unfall oder einen Abschuss handelte. Der Hubschrauber, der etwa 20 Kilometer südöstlich der Stadt niederging, habe nicht zur Einheit der US-Marineinfanteristen gehört, sondern zu einer US-Regierungsbehörde. Voll beladen wiegt der MH-53 21 Tonnen. Er kann bis zu 55 Besatzungsmitglieder transportieren.

© AFP/dpa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: