Irak:Dutzende Tote bei Angriff auf Dorf

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Augenzeugen sprachen von einem Angriff auf eine Hochzeitsgesellschaft, ein Sprecher des US-Militärs in Bagdad sagte hingegen, amerikanische Soldaten seien in dem Dorf gegen einen möglichen Unterschlupf von Aufständischen vorgegangen und dabei in "feindliches Feuer" geraten.

Bagdad/Washington (dpa/AFP) - Bei zwei US-Luftangriffen auf das Dorf Makar el-Dhib im Westirak sind nach irakischen Angaben 41 Zivilisten getötet worden, darunter zahlreiche Frauen und Kinder. Während Augenzeugen von einem Angriff auf eine Hochzeitsgesellschaft sprachen, sagte ein Sprecher des US-Militärs in Bagdad am Donnerstag, amerikanische Soldaten seien in dem Dorf gegen einen möglichen Unterschlupf von Aufständischen vorgegangen und dabei in "feindliches Feuer" geraten. Daraufhin sei für die am Boden eingesetzten Koalitionstruppen Luftunterstützung geschickt worden. Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz kritisierte die "exzessive Gewaltanwendung" im Irak.

Augenzeugen und Krankenhausärzte in der benachbarten Stadt El-Kaim versicherten, die Besatzungstruppen hätten bei einem ersten Angriff auf die 180 Hochzeitsgäste in der Nacht zum Mittwoch 21 Menschen getötet und 18 weitere Hochzeitsgäste verletzt. Wenige Stunden später seien erneut zwei Häuser in Makar el-Dhib von Hubschraubern aus unter Beschuss genommen und zerstört worden.

Bei diesem zweiten Luftangriff seien weitere 20 Iraker getötet und mehr als 20 Menschen verletzt worden.

Die US-Armee berichtete, nach dem Luftangriff seien in dem Dorf Waffen, Geld, ausländische Pässe und ein Satellitentelefon beschlagnahmt worden. Irakische Augenzeugen sagten, die Soldaten hätten zehn Männer festgenommen. Der arabische Fernsehsender El-Arabija zeigte Bilder aus dem 500-Einwohner-Dorf, auf denen weinende Männer zu sehen waren, die Kinder zu Grabe trugen. Viele Gräber wurden ausgehoben.

Bei irakischen Hochzeiten wird oft als Zeichen der Freude in die Luft geschossen. In der Vergangenheit hatten Soldaten der Koalitionstruppen dieses traditionelle Freudenfeuer aus Gewehren bereits mehrmals als Angriff gedeutet und mit einem Gegenschlag geantwortet.

Makar el-Dhib liegt nahe der syrischen Grenze. In der Umgebung der Stadt hatte es in den vergangenen Monaten zahlreiche Razzien und Militäroperationen der US-Armee gegen mutmaßliche Aufständische gegeben. In Bagdad wurde am Donnerstag ein US-Soldat bei einem Granatenangriff getötet. Drei weitere US-Soldaten wurden bei dem Angriff verletzt, wie die US-Armee mitteilte.

Damit stieg die Zahl der seit Beginn des Irak-Kriegs im März vergangenen Jahres getöteten US-Soldaten auf 789, darunter sind 575 bei Kampfhandlungen getötete Armeeangehörige.

Tschalabis Büro durchsucht

Amerikanische Soldaten durchsuchten am Donnerstag ein Haus und Büros des irakischen Regierungsratsmitglieds Achmed Tschalabi in Bagdad. Tschalabi war lange Verbündeter der Regierung in Washington. Seine Partei, der Irakische Nationalkongress (INC) soll laut Medienberichten von Juli an kein Geld mehr von den USA erhalten.

Zur Begründung hieß es, Tschalabi habe der US-Regierung vor dem Irak-Krieg falsche Informationen über den Irak geliefert. Der ehemalige Exilpolitiker, der in Jordanien wegen Finanzbetrugs verurteilt wurde, hat nach Einschätzung irakischer Beobachter kaum Rückhalt in der Bevölkerung.

© SZ vom 21.5.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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