Irak:Die Vermissten sind Mutter und Sohn

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Die Ehefrau eines Irakers und ihr 20-jähriger Sohn sind seit vergangenem Dienstag aus ihrem Haus in Bagdad verschwunden - eine gewaltsame Entführung schließt das Außenministerium nicht aus.

Zwei im Irak vermisste deutsche Staatsangehörige sind möglicherweise verschleppt worden.

Außenminister Frank-Walter Steinmeier: "Wir tun natürlich alles dafür, dass die beiden deutschen Staatsangehörigen gesund zu ihren Familien zurückkehren können." (Foto: Foto: dpa)

,,Wir können nicht ausschließen, dass es sich um eine gewaltsame Entführung handelt'', sagte Außenminister Frank-Walter Steinmeier.

Angeblich handelt es sich um zwei Iraker mit deutschen Pässen. Sie werden bereits seit vergangenem Dienstag vermisst.

,,Wir tun natürlich alles dafür, dass die beiden deutschen Staatsangehörigen gesund zu ihren Familien zurückkehren können'', sagte Steinmeier. Einzelheiten teilte er nicht mit. Auch Sprecher der Bundesregierung und des Auswärtigen Amtes lehnten jede weitere Stellungnahme ab.

Dies sei im Interesse der möglicherweise Entführten und ihrer Angehörigen, hieß es. Der Krisenstab im Auswärtigen Amt unter Leitung von Staatssekretär Reinhard Silberberg arbeite seit dem vergangenen Dienstag, unterrichte Minister Steinmeier laufend und halte Kontakt zu anderen Staaten.

Bei den beiden Deutschen handelt es sich um die Ehefrau eines Irakers und ihren erwachsenen Sohn. Entsprechende Meldungen bestätigten regierungsnahe Kreise in Berlin. Die über 60 Jahre alte Frau sei mit einem irakischen Arzt verheiratet, berichtete der Tagesspiegel. Der Sohn sei Mitte 20 und im irakischen Außenministerium tätig.

Ob es sich um eine Entführung handelt, steht noch nicht fest

Beide seien aus dem Haus der als vermögend geltenden Familie in Bagdad verschleppt worden. Offenbar leben beide schon lange im Irak. Eine Beziehung zu Deutschland bestehe insbesondere über die Verwandtschaft der Mutter. Ohne auf die näheren Umstände des Falles einzugehen, hatte ein Sprecher des Auswärtigen Amtes zuvor bereits darauf hingewiesen, dass die Konsularpflicht der Bundesregierung auch für deutsche Staatsbürger bestehe, die schon lange im Ausland lebten.

Sollte sich bestätigen, dass es sich um eine Entführung handelt, wäre dies der dritte Fall innerhalb von 15 Monaten. Im November 2005 war die Archäologin Susanne Osthoff verschleppt und nach drei Wochen wieder freigelassen worden. Vor einem Jahr wurden die beiden Leipziger Ingenieure René Bräunlich und Thomas Nitzschke verschleppt, die sich im Auftrag ihrer Firma im Irak aufhielten. Sie kamen erst nach 99 Tagen frei.

Aus regierungsnahen Kreisen verlautete, ob es sich tatsächlich um eine Entführung wie in den beiden vorherigen Fällen handele, stehe noch nicht fest. Denkbar sei zum gegenwärtigen Zeitpunkt auch eine innerfamiliäre Auseinandersetzung, hieß es. ,,Es scheint unklar zu sein, ob es eine Entführung ist, die im weitesten Sinne politisch-terroristisch-erpresserisch motiviert ist, oder eine eher private Angelegenheit'', sagte ein Gewährsmann.

Trotz verheerender Sicherheitslage leben etwa 100 Deutsche im Irak

Dem Vernehmen nach hatten Sicherheitsbehörden und der Krisenstab im Auswärtigen Amt versucht, den Fall der beiden Vermissten nicht publik werden zu lassen, auch im Interesse der Angehörigen in Deutschland. Ob es Forderungen oder Mitteilungen an die Bundesregierung, andere Stellen oder die Familien gegeben hat, war nicht zu erfahren. Angeblich sollen die Kidnapper gedroht haben, den Sohn zu erschießen.

Trotz der verheerenden Sicherheitslage leben derzeit etwa hundert Deutsche im Irak. Die deutliche Mehrheit von ihnen hat familiäre Bindungen, oftmals handelt es sich um Frauen mit irakischen Ehemännern. In Bagdad leben außerdem einige deutsche Diplomaten. Auch halten sich einige wenige Mitarbeiter deutscher Unternehmen sowie Helfer humanitärer Organisationen im Irak auf. Sie bleiben in der Regel nur für kurze Zeit im Land, um das Risiko zu verringern.

In Bagdad ist erstmals der neue deutsche Botschafter Martin Kobler mit einem Fall dieser Art betraut. Kobler, zuvor Botschafter in Kairo, hatte im vergangenen Herbst mit Bernd Erbel die Posten getauscht. Erbel, der über sehr gute Kontakte im Irak verfügt, war an der Lösung der beiden früheren Entführungen maßgeblich beteiligt. Im Fall der beiden Leipziger Ingenieure hatte er den Kontakt zu einem wichtigen Mittelsmann hergestellt.

© SZ vom 13.2.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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