Irak:Demokratische Blüte im Mai

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Die USA wollen rasch Teile der Verwaltung an die Iraker abgeben - und somit auch die Last alleiniger Verantwortung. Doch die Wahl der künftigen irakischen Führer ist eine Schwachstelle im amerikanischen Nachkriegskonzept.

(SZ vom 7.5.2003) - Manchmal erschließt es sich nicht, wie schleppend oder flink die Amerikaner mit dem Wiederaufbau des Irak, der Schaffung ziviler Infrastrukturen und demokratischer Grundlagen vorankommen. Zu unübersichtlich ist das Gesamtbild, zu knauserig sind zuweilen die amerikanischen Besatzer mit Informationen.

Sicher scheint freilich zu sein, dass Washington so schnell wie möglich konkret Fakten zu schaffen versucht, bevor die Vereinten Nationen doch noch ein stärkeres Mitspracherecht bei der Nachkriegsordnung erhalten. Amerika lehnt dies kategorisch ab und versucht die Weltorganisation ausschließlich auf humanitäre Aufgaben zu beschränken. Mit dem Dänen Ole Wohlers Olsen hat Washington mittlerweile einen ersten Angehörigen der Nachkriegs-Koalition zum Regional-Koordinator für den Südost-Irak ernannt.

Noch wichtiger für die Amerikaner ist indes, dass sie nicht die alleinige Besatzungsmacht bleiben, die von den Irakern für jedes Problem verantwortlich gemacht wird. Das erklärt die Eile, mit welcher die USA schneller als zunächst geplant zumindest einen Teil der Verwaltung des Landes in irakische Hände legen wollen.

Schlüsselmonat Mai

US-Verwalter Jay Garner, der bislang nicht durch angeberische Sprüche aufgefallen ist, sagte, dass in den kommenden vier Wochen des "Schlüsselmonats Mai" die Basis für eine irakische Regierung gelegt werden soll. Eine Kerntruppe - meist Kurden und Exil-Iraker - stünde schon bereit; aus ihr könnte dann nach und nach die erste irakische Administration der Nach-Saddam-Zeit erwachsen.

"Ich spreche jetzt einfach mal so dahin", sagte Garner, der in letzter Zeit häufiger im Land herumgereist ist, nachdem Kritik laut geworden war, dass er zu selten in der Öffentlichkeit auftrete und generell zu unzugänglich für einfache Iraker sei. "Am Ende könnten das sieben, acht oder neun (Iraker) sein, die gemeinsam eine Führungsrolle innerhalb eines größeren Nationalkongresses ausüben, der wiederum eine Verfassung entwirft."

"Fünf Oppositionsführer haben damit begonnen, sich zu treffen, und sie werden Führungspersönlichkeiten aus dem Irak hinzuziehen, so dass wir gegen Juni den Kern einer Führung bilden können", versprach Garner.

"Schon nächste Woche oder am zweiten Mai-Wochenende wird man die Anfänge eines Kerns einer irakischen Übergangsregierung kennen, eine Regierung, die durch und durch irakisch sein und mit der Koalition zusammenarbeiten wird." Auch öffentliche Dienste wie Gas, Wasser, Strom, Polizei und ähnliches sollen - so Garner - im Mai wiederhergestellt sein.

Schwierige Suche nach Führungspersonal

Die Wahl der künftigen irakischen Führer ist eine Schwachstelle im amerikanischen Nachkriegskonzept. Bisher ist es noch nicht gelungen, glaubwürdige und zuverlässige Persönlichkeiten für Regierungsaufgaben zu finden, welche die Jahre der Saddam-Diktatur im Irak selbst verbracht haben und nicht der kurdischen Minderheit angehören.

Die von US-Verwalter Garner präsentierte Fünfer-Gruppe jedenfalls hat lange Beziehungen zu den Vereinigten Staaten unterhalten und wurde teilweise mit amerikanischen Mitteln finanziert. Ihr gehören die beiden Kurdenführer Dschalal Talabani und Massud Barsani sowie die Exil-Politiker Achmed Tschalabi, Ijad Allawi und der Schiitenführer Abdelasis el-Hakim an. Garner hofft, dass sich noch ein Angehöriger der christlichen Minderheit und ein weiterer Sunnit der Gruppe anschließen.

© Von Wolfgang Koydl - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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