Internationaler Gerichthof:Weltpolizist mit beschränkter Haftung

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Die Bush-Regierung fordert Immmunität für Amerikaner bei Friedensmissionen - doch ihr Antrag war im Sicherheitsrat chancenlos. Ob sie unter diesen Bedingungen weiter Soldaten für die UN zur Verfügung stellen wollen, das wollen die USA jetzt prüfen.

Die USA zogen ihren Antrag auf eine zwölfmonatige Verlängerung der Ausnahmeregelung, die Washington bereits zwei Mal für jeweils ein Jahr durchgesetzt hatte, in New York offiziell zurück.

Nach Einschätzung von UN-Diplomaten beugten die USA damit einer drohenden Abstimmungsniederlage im Weltsicherheitsrat vor. Der amerikanische UN-Botschafter James Cunningham begründete den Schritt damit, dass Washington "eine ausgedehnte und Uneinigkeit stiftende Debatte vermeiden" wollte.

Sein chinesischer Amtskollege Wang Guangya begrüßte die Entscheidung der USA als "weise". Der Resolutionsentwurf der Amerikaner habe den Sicherheitsrat erneut zu spalten gedroht, sagte Wang. Das US-Militär sei durch den Folterskandal im Gefängnis Abu Ghraib ins Zwielicht geraten.

Bei einer Abstimmung hätte sich China ebenso wie einige andere Länder im Sicherheitsrat geweigert, den USA einen "Blankoscheck" für die Straffreiheit ihrer Bürger zu geben. Bereits am Vorabend hatten die USA nach heftiger Kritik bei den UN einen Kompromiss angeboten.

Danach sollte die Ausnahmeregelung nur noch ein letztes Mal von den UN gebilligt und nach Juni 2005 nicht erneut verlängert werden. Europäische Diplomaten bestätigten, dass die USA eine Garantieerklärung dafür anboten, im kommenden Jahr keine neue Verlängerung der Immunität bei internationalen Militäreinsätzen mehr anzustreben.

Annan warnte vor Spaltung des Sicherheitsrates

Das Ansinnen, Amerikaner generell von Straffverfolgung durch den Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag auszunehmen, war bei den UN angesichts des Skandals um die Misshandlung irakischer Gefangener durch amerikanische Soldaten weithin auf Empörung gestoßen.

Eine Verlängerung der erstmals 2002 vom Sicherheitsrat gebilligten Immunitätsregelung um ein drittes Jahr würde nach UN-Gepflogenheiten zu einem "Völkergewohnheitsrecht" führen, wenn ein solcher Beschluss nicht mit einer klaren Einschränkung verbunden ist.

UN-Generalsekretär Kofi Annan hatte am vergangenen Freitag gewarnt, dass eine erneute Immunitätsregelung für Amerikaner "den Sicherheitsrat spalten" und "die Vereinten Nationen diskreditieren" würde.

Deutschland, Frankreich, Chile und weitere Mitglieder des Sicherheitsrates hatten deutlich gemacht, dass sie einer bedingungslosen Verlängerung der Immunität nicht zustimmen würden. Die USA hatten für den Fall der Nichtannahme gedroht, ihre Soldaten von UN-Missionen abzuziehen und die Verlängerung der Mandate für solche Missionen mit Hilfe ihres Vetorechts zu verhindern.

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