Inselstreit im Ostchinesischen Meer:Tokio rüstet auf

Lesezeit: 2 min

Japans Ministerpräsident Shinzo Abe (links) will die Militärausgaben in den nächsten fünf Jahren um 2,6 Prozent erhöhen. (Foto: AFP)

Japan wird nie wieder Krieg führen oder eine Armee aufbauen, heißt es in der Verfassung des Landes. Doch das könnte sich bald ändern. Ministerpräsident Abe hebt im Streit mit China das Verbot stückweise auf. Amphibienfahrzeuge, Truppentransporter und Militärflugzeuge hat er bereits geordert.

Vor dem Hintergrund des anhaltenden Inselstreits mit China will Japan erheblich aufrüsten. Der als "Falke" geltende konservative Regierungschef Shinzo Abe und sein Kabinett stimmten Ausgaben von 24,7 Billionen Yen (174 Milliarden Euro) für den Zeitraum von 2014 bis 2019 zu. Darin enthalten sind der Kauf von drei Drohnen, 28 ultramodernen US-Tarnkappenbombern vom Typ F-35, fünf U-Booten, zwei mit dem Antiraketen-System Aegis ausgestatteten Zerstörern und 52 Amphibien-Fahrzeugen.

In den ebenfalls verabschiedeten neuen Richtlinien zur Militärstrategie heißt es, Japan wolle "gemeinsame Verteidigungskräfte" aufstellen, um eine kombinierte Invasion in der Luft, zu Wasser und auf dem Lande abwehren zu können. China bewege sich auf einem "gefährlichen Weg", was "unvorhergesehene Notfallsituationen" zur Folge haben könne.

Streit um eine Inselgruppe

Peking erhebt seit Jahren Anspruch auf eine von Tokio kontrollierte Inselgruppe im Ostchinesischen Meer, die in Japan Senkaku und in China Diaoyu genannt wird. Die unbewohnten Inseln liegen in fischreichen Gewässern; in der Umgebung werden größere Öl- und Gasvorkommen vermutet.

Der Streit spitzte sich zu, nachdem China im November eine Luftverteidigungszone über den Inseln eingerichtet hatte. Ausländische Flugzeuge müssen sich vor dem Flug durch die Zone anmelden und eine Funkverbindung zur chinesischen Luftüberwachung aufnehmen. Die USA, Japan, Südkorea und Taiwan weigern sich, die Zone anzuerkennen, und schickten unangekündigt Kampfflugzeuge in das Gebiet.

Für Abe, der vor einem Jahr sein Amt antrat, hatte stets die Wiederbelebung der dümpelnden Wirtschaft höchste Priorität. Zehn Jahre lang waren die Militärausgaben reduziert worden - bis Abe 2013 sie in einem ersten Schritt um 0,8 Prozent erhöhte. Schon seine Vorgänger dehnten die Verfassung, die nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges festschrieb, dass Japan nie wieder Krieg führen und nie wieder eine Armee oder Marine haben solle.

Abe geht noch ein ganzes Stück weiter. Er will das Verbot aufheben, dass Japan einen Militäreinsatz in Übersee oder die Unterstützung eines Verbündeten untersagt.

Offiziell ist das Land zum Pazifismus gezwungen, weil die USA nach der Niederlage im Zweiten Weltkrieg auf einen entsprechenden Absatz in der Verfassung drängten. Artikel 9 lautet: "Das japanische Volk wird Krieg sowie der Androhung oder Nutzung von Gewalt zur internationalen Konfliktlösung als souveränem Recht für immer abschwören." Daher gibt es in Japan auch keine klassische Armee, sondern nur sogenannte Selbstverteidigungskräfte.

Werben um Verbündete

China hatte bereits die Entwürfe für die Militärausgaben kritisiert. "China beobachtet genau die Sicherheitsstrategie Japans und seine politische Ausrichtung", hatte das Außenministerium erklärt. "Japans unvernünftige Kritik an Chinas üblichen Aktivitäten zur See und sein Aufbauschen einer chinesischen Bedrohung haben verborgene Motive."

Japan stärkt nun nicht nur sein Militär und vertieft die Zusammenarbeit mit dem engen Verbündeten USA - schließlich werden von den Rüstungsaufträgen allen voran die US-Konzerne Boeing, Lockheed Martin, Raytheon und Northrop Grumman profitieren - sondern sucht auch strategische Partner in der Region wie Südkorea, Australien, Indien und die südostasiatischen Staaten. Mit Letzteren forderte Abe auf einem gemeinsamen Gipfel am Wochenende die Freiheit im See- und Flugverkehr - ein kaum verhüllter Hinweis an China, das im Zuge des Insel-Streits eine Luftverteidigungszone verhängt hat und nun für deren Durchquerung von ausländischen Maschinen die Flugpläne verlangt.

© sueddeutsche.de/dpa/Reuters - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: