Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann (CDU) findet zunehmend Gefallen an der Rolle, die einst Manfred Kanther spielte: an der Rolle des Hardliners, der von keinem Wenn und Aber angekränkelt ist, und für den ein starker Staat darüber wacht, wer auf seinem Hoheitsgebiet bleiben kann und wer nicht.
Die 190.000 Menschen, die derzeit in Deutschland von Duldung zu Duldung in ständiger Unsicherheit leben, gehören für Schünemann eher nicht dazu.
Damit stellt er sich gegen den Kompromiss, den Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU) und Arbeitsminister Franz Müntefering (SPD) ausgehandelt haben und der den Geduldeten wenigstens eine Chance eröffnet, in Deutschland zu bleiben. Sind alles nur Sozialschmarotzer, lautet zugespitzt Schünemanns Analyse.
Ein akzeptabler Kompromiss
Tatsächlich ist das Aufenthaltsrecht ein wichtiges Recht des Staates, doch sowohl die Zeiten als auch die Wahrnehmungen haben sich gewandelt seit Kanthers Zeiten. Es muss eine pragmatische und menschliche Lösung gefunden werden für die 190.000 Menschen, die ohnehin im Land sind.
Der Kompromiss, auf den sich die große Koalition geeinigt hat, hat seine Schwächen, aber er stellt sich den Tatsachen, er sucht einen Weg jenseits der Ideologie, wonach auch nur die kleinste Erleichterung für Migranten die große Flüchtlingswelle über Deutschland schwappen lässt.
Das Gegenteil ist der Fall: Die Zahl der Menschen, die nach Deutschland kommen, ist so niedrig wie seit Jahren nicht. Nicht die Migration, die Integration ist inzwischen das Hauptproblem. Die Einigung dient dieser Integration; die Einlassungen des Mini-Kanthers Schünemann atmen dagegen den Geist alter ideologischer Grabenkämpfe.