In Brandenburger Gefängnis:Wächter sollen Häftlinge verprügelt haben

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Vollzugsbeamte haben offenbar mehrere Gefangene misshandelt und schwer verletzt. Das Ministerium hat bereits fünf Beamte vom Dienst suspendiert und neun Disziplinarverfahren eingeleitet, nachdem die Fälle in der Presse publik wurden.

Brandenburgs Justizministerin Barbara Richstein (CDU) betonte, sie habe erst am Freitag durch Nachfragen von Journalisten bei der Staatsanwaltschaft von den Vorwürfen erfahren. Für Montag ist eine Sondersitzung des Rechtsausschusses im Landtag einberufen worden.

Zuvor hatte der Fernsehsender RBB über drei Häftlinge berichtet, die nach eigener Aussage in dem Gefängnis von vermummten Wärtern misshandelt worden waren. Die Staatsanwaltschaft Potsdam ermittelt nach Aussage eines Sprechers bereits seit Januar diesen Jahres, nachdem der Herzinfarkt-Patient Anzeige gegen unbekannt gestellt hatte.

Prügel statt ärztlicher Hilfe

In dem Fernsehbeitrag berichteten zwei ehemalige und ein noch inhaftierter Insasse von Fällen aus den Jahren 2001 bis 2004. Den Schilderungen zufolge sind die Wärter zumeist in Dreier- oder Vierergruppen nachts in die Zellen gestürmt und haben die Häftlinge mit Schlagstöcken und Fäusten zusammengeschlagen sowie getreten. Die Opfer hätten Knochenbrüche und andere schwere Verletzungen davongetragen, hieß es.

Unter anderem berichtete ein derzeit wegen Totschlags in der Haftanstalt Einsitzender, er sei von mehreren vermummten Bediensteten zusammengeschlagen worden, nachdem er wegen eines Herzinfarkts ärztliche Hilfe verlangt habe. Einige der beteiligten Wärter sollen dem RBB zufolge schon in der DDR an Misshandlungen politischer Häftlinge beteiligt gewesen sein.

"Auffällig häufige Unzulänglichkeiten im Strafvollzug"

Die SPD-Landtagsfraktion kritisierte Justizministerin Richstein. In deren Amtszeit hätten sich "bestimmte Unzulänglichkeiten im brandenburgischen Strafvollzug" auffällig gehäuft, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer Wolfgang Klein. Schon im vergangenen Jahr hatte es mehrere Skandale im Brandenburger Justizvollzug gegeben.

So waren mehrere Beschäftigte der JVA Brandenburg vom Dienst suspendiert worden, weil sie sich über mehrere Jahre hinweg in der Metallwerkstatt fast kostenlos von Häftlingen Gegenstände für den privaten Gebrauch bauen ließen.

Gegen eine Ärztin und mehrere Krankenpfleger wurde ermittelt, weil sie für sich selbst Medikamente aus der Gefängnisapotheke entnommen hatten. Im Herbst des vergangenen Jahres flogen Drogengeschäfte eines Insassen der JVA Cottbus auf, die dieser mit Unterstützung von zwei Wächtern organisiert hatte.

© SZ vom 7.5.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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