Illegale Einwanderer:Italien ruft Notstand aus

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Im Kampf gegen illegale Einwanderer hat Italien einen Flüchtlingsnotstand verhängt. Die Opposition wirft der Regierung Berlusconi vor, Ängst zu schüren.

Stefan Ulrich, Rom

Der Vatikan hat die italienische Regierung ermahnt, die Rechte der Immigranten, Flüchtlinge und Asylsuchenden zu achten. Insbesondere müsse Italien die internationalen Normen einhalten, zu denen es sich verpflichtet habe, forderte der Sekretär des päpstlichen Migrantenrates, Agostino Marchetto, am Wochenende.

Am Wochenende griff die Polizei vor der italienischen Insel Lampdusa 227 illegale Flüchtlinge auf. (Foto: Foto: AFP)

Die Regierung Berlusconi hatte zuvor einen nationalen Flüchtlingsnotstand ausgerufen. Sie begründete das mit der starken Zunahme der illegalen Einwanderung in den vergangenen Monaten.

So kamen nach Angaben des Innenministeriums im ersten Halbjahr 2008 mehr als 10.000 Bootsflüchtlinge an den Küsten Süditaliens an, das sind doppelt so viele wie im Vergleichszeitraum des Vorjahres.

Während die Opposition argwöhnt, die Regierung wolle die Flüchtlinge nur internieren und dann rasch abschieben lassen, argumentiert Innenminister Roberto Maroni, der Notstand diene dazu, "den Fremden eine menschliche Behandlung zu garantieren".

"Unmenschliche Maßnahmen"

So könnten nun im ganzen Land rasch Aufnahmelager gebaut werden. Dies sei notwendig, da in den bestehenden Lagern, vor allem auf der Insel Lampedusa, der "Kollaps" drohe. Dort sind in den vergangenen Tagen wieder Hunderte Menschen auf kleinen Booten angekommen.

Ein Afrikaner sagte, seine beiden kleinen Kinder seien während der tagelangen Fahrt auf einem Gummiboot an Entkräftung gestorben. Ihre Leichen habe man ins Meer werfen müssen.

Die Regierung Berlusconi hatte im Wahlkampf angekündigt, schärfer gegen die illegale Einwanderung und gegen Ausländerkriminalität vorzugehen. Die Opposition wirft ihr nun vor, mit der Ausrufung des "Flüchtlings-Notstandes" die Ängste unter den Italienern zu schüren und das Land in einen "Polizeistaat" zu verwandeln. "Italien braucht keine unmenschlichen und außerordentlichen Maßnahmen", sagte der christdemokratische Politiker Rocco Buttiglione.

Die Regierung Berlusconi war bereits in den vergangenen Monaten wegen ihrer Politik gegenüber Ausländern und der Roma-Minderheit in die Kritik geraten. Sie hatte das Strafrecht gegen illegal ins Land gekommene Einwanderer verschärft und beschlossen, Roma-Kinder speziell zu registrieren.

Auf die Kritik an dem Flüchtlingsnotstand antwortete die Regierung, dieser werde seit Jahren verhängt. Auch die linke Vorgängerregierung habe ihn beibehalten. Allerdings galt der Notstand unter der Regierung Prodi zuletzt nur für Apulien, Kalabrien und Sizilien. Nun gilt er für das ganze Land.

© SZ vom 28.07.2008/gal - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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