Howard Dean:Tragischer Held der Demokraten

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Noch zu Beginn des Jahres galt Dean als aussichtsreichster Kandidat der Demokraten. Mit seinem harten Kurs gegen Präsident Bush und den Irak-Krieg verschaffte er seiner Partei neues Selbstbewusstsein. Trotzdem gewann er keine der bisherigen Vorwahlen. Jetzt hat er seine Kandidatur zurückgezogen, will die Demokraten aber weiter unterstützen.

Howard Dean ist der tragische Held dieser Vorwahlen. Er hat der Demokratischen Partei neuen Mut eingeflößt, er hat ihr vorgeführt, dass auch nach dem 11. September 2001 noch Opposition in den USA möglich ist. Doch als es ernst wurde, versagte ihm die Partei die Gefolgschaft.

Bei aller Begeisterung, die der frühere Gouverneur von Vermont mit seinem harten Kurs gegen Präsident George W. Bush unter den Demokraten wecken konnte - für den besseren Kandidaten bei der Wahl am 2. November hält die Mehrheit Senator John Kerry.

Auch bei der Vorwahl im Bundesstaat Wisconsin hatte Dean erneut keine Chance gegen den Vietnamveteran und dessen stärksten Verfolger, Senator John Edwards.

Chancen auf Null gesunken

Dean wollte sich zwar nach der neuen Pleite keine Resignation anmerken lassen und verkündete vor jubelnden Anhängern in Madison: "Wir sind noch nicht am Ende."

Doch nachdem der Ex-Gouverneur keine einzige der bislang 17 Vorwahlen gewinnen konnte, sind seine Chancen praktisch auf Null gesunken und Dean hat seine Kandidatur zurückgezogen.

Furioser Aufstieg

Deans Fall ist ebenso spektakulär wie sein Aufstieg. Mit seiner harten Opposition gegen den Irakkrieg hatte der Aufsteiger aus der Provinz die Partei elektrisiert, mit seiner furiosen Kampagne im Internet fanatische Fangemeinden quer durchs Land aufgebaut und so viele Spenden eingetrieben wie noch kein demokratischer Präsidentschaftsanwärter zuvor - doch auf dem Höhepunkt seines Ruhms unterliefen Dean schwere Fehler.

Als er sich an der Verbreitung der Theorie beteiligte, Bush hätte den Terror des 11. September verhindern können, weil er von Saudi-Arabien gewarnt worden sei, löste das nicht nur im Präsidenten-Lager Empörung aus.

Und seine Bemerkung, die USA seien nach Saddam Husseins Festnahme nicht sicherer, war zwar sachlich richtig, passte aber schlecht zu der allgemeinen Euphorie, die die Nachricht aus Irak auslöste.

Zu "links" für die Demokraten

So setzte sich in der Partei die Einsicht durch, Dean sei zu "links", zu ungehobelt und zu unerfahren, um Bush zu schlagen - und Bush zu schlagen, ist das übergeordnete Ziel, das alle Parteiflügel eint.

Der Mann aus Vermont musste deshalb gleich in der ersten Vorwahl in Iowa eine schmerzliche Niederlage gegen den routinierten Kerry einstecken. Als er danach seine Anhängerschaft mit einem heiseren Kampfschrei - dem berühmt gewordenen "Iowa Scream" - anzufeuern suchte, wurde er zum Gespött der Medien und bestätigte für viele, dass er nicht das Zeug zum Kandidaten habe.

Der Niedergang war danach unaufhaltbar - zumal Dean die sagenhafte Summe von 41 Millionen Dollar, die er vor allem von Kleinspendern eingetrieben hatte, schon früh weitgehend verpulvert hatte.

Deans Leistung reicht aber über seine eigene Kampagne hinaus. Vor einem Jahr selbst bei den Demokraten noch weitgehend unbekannt, gelang es dem Provinzpolitiker, dem Wahlkampf seinen Stempel aufzudrücken.

Dean erlöste die Partei von der Lähmung

Zu Recht nimmt der Mediziner für sich in Anspruch, den Demokraten eine "wundersame Rückenmarkstransplantation" verpasst zu haben. Dean erlöste die Partei von der Lähmung, in die sie nach dem 11. September 2001 gefallen war.

Bevor der Ex-Gouverneur aus Vermont auf der Bühne erschien, sei die vorherrschende Idee gewesen, dass jede Konfrontation mit Bush "unpatriotisch" erscheinen müsse, sagte James Rubin, ein früherer Mitarbeiter von Ex-Präsident Bill Clinton, dem Magazin New Yorker. Dean gebühre die Ehre, die "politische Opposition" wieder ermöglicht zu haben.

Kerry kupferte von Dean ab

Deans Botschaft - seine Kritik am Irakkrieg, am Lobbyistentum, an sozialen Missständen - ist von Kerry und anderen Präsidentschaftsanwärtern großteils abgekupfert worden. Und obwohl Dean auch den voraussichtlichen Kandidaten Kerry als Handlanger der Lobbyisten attackiert hat, trug er dennoch dazu bei, dass die Demokraten so geeint sind wie lang nicht mehr - geeint in der Wut auf Bush.

Der 55-Jährige wird weiter versuchen, den Kurs seiner Partei zu beeinflussen - zu diesem Zweck erwägt er, seine Anhängerschaft in einer eigenen Basisorganisation zusammenzuhalten.

Die Abwahl Bushs bleibt aber auch für ihn ein vorrangiges Ziel: Er werde den demokratischen Kandidaten "unter allen Umständen" unterstützen, versprach Dean.

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