Papst Benedikt XVI. hat sich nachdrücklich gegen eine Leugnung des Holocaust gestellt und seine volle Solidarität mit den Juden bekräftigt. Die Vernichtung der Juden sei "ein Mahnmal gegen jedes Vergessen und Leugnen", sagte der Papst am Mittwoch während der Generalaudienz in Rom.
Benedikt forderte gleichzeitig die traditionalistische Bruderschaft Pius X., der Williamson angehört, auf, das Zweite Vatikanische Konzil anzuerkennen. Ein Ergebnis dieses Konzils war es gewesen, den Dialog der katholischen Kirche mit dem Judentum voranzutreiben und jede Form von Antisemitismus zu bekämpfen. Die Bischöfe sollten "die notwendigen Schritte tun", um wieder voll im Einklang mit der Kirche zu stehen, verlangte der Papst.
Er nahm damit zu dem Streit um den traditionalistischen Bischof Richard Williamson Stellung. Vor wenigen Tagen hatte Papst Benedikt XVI. die Exkommunikation von Williamson und drei anderen Bischöfen der Piusbruderschaft aufgehoben, um nach einem jahrzehntelangen Streit die Bruderschaft wieder in die Kirche zurückzuführen.
Rom hat Kritik an dieser Entscheidung zurückgewiesen. Über die Äußerungen von Williamson müsse auf einer anderen Ebene gerichtet werden, sagte ein Vatikansprecher.
Gegen Williamson, der zu der erzkonservativen Bruderschaft Pius X. gehört, ermittelt die Regensburger Staatsanwaltschaft wegen Volksverhetzung, weil er in einem Fernsehinterview die Ermordung von sechs Millionen Juden in den Nazi-Gaskammern bestritten hat. Es seien nicht sechs Millionen Juden, sondern 200.000 bis 300.000 Juden von den Nazis ermordet worden, aber keiner in einer Gaskammer.
Der Sturm der Entrüstung rauscht indes weiter: Das israelische Ober-Rabbinat setzte wegen der Rehabilitierung des traditionalistischen, den Holocaust leugnenden Bischofs die offiziellen Beziehungen zum Vatikan ausgesetzt.
Das Einfrieren der Kontakte sei "unbefristet", berichtete die Jerusalem Post . "Ohne eine öffentliche Entschuldigung und eine Rücknahme dieser Maßnahme wird es schwierig sein, den Dialog fortzusetzen", zitierte das Blatt aus einem Brief des Generaldirektors des Gremiums, Oded Weiner, an den Vatikan.
Das Ober-Rabbinat sagte außerdem seine Teilnahme an einer Anfang März geplanten christlich-jüdischen Dialogrunde im Vatikan ab.
Regensburger Bischof: Williams betreibt Gotteslästerung
Auch in Bayern reagiert man auf die Entscheidung des Vatikan. Der Regensburger Bischof Gerhard Ludwig Müller hat Bischof Richard Williamson indes Hausverbot erteilt.
Das Interview, das von verschieden TV-Sendern ausgestrahlt wurde, soll in dem Priesterseminar der Bruderschaft in Zaitzkofen nahe Regensburg aufgezeichnet worden sein. Williamson war dort im November zur Weihe eines schwedischen Geistlichen.
Müller habe bei einer Veranstaltung zum Holocaust-Gedenktag die Äußerungen Williamsons als "menschenverachtend" bezeichnet, teilte die Diözese mit und bestätigte damit entsprechende Medienberichte. Müller warf dem 67-Jährigen auch "Gotteslästerung" vor, Williamson stehe damit außerhalb der katholischen Kirche.
Das von Bischof Müller ausgesprochene Hausverbot erstreckt sich auf alle Kirchen und Gebäude der ostbayerischen Diözese. Es hat allerdings mehr symbolischen Charakter, da das Zentrum in Zaitzkofen nicht Müllers bischöflichem Ordinariat untersteht.
Müller warf dem Bischof der Piusbruderschaft Dummheit und Infamie vor. "Das Gesagte ist zutiefst menschenverachtend und zeigt die innere Fremde zum Gottesglauben der Kirche. Williamson beweist damit den Gipfel der Unmenschlichkeit", erklärte Müller laut Mitteilung.
Zentralrat der Katholiken: Papst muss handeln
"Wer sich gegen Geschöpfe des Herrn wendet, macht sich der Gotteslästerung schuldig." Vor Müller hatten sich bereits die Deutsche Bischofskonferenz und der Münchner Erzbischof Reinhard Marx von Williamson distanziert.
Der Generalobere der Piusbruderschaft, Bischof Bernard Fellay, hat seinem umstrittenen Mitbruder Richard Williamson nach dem Wirbel um dessen Leugnung des Holocaust ein Redeverbot erteilt.
Fellay teilte am Dienstag im schweizerischen Menzingen mit, er habe dem britischen Bischof "bis auf weiteres jedwede öffentliche Stellungnahme zu politischen oder historischen Fragen" untersagt. "Wir bitten den Heiligen Vater und alle Menschen guten Willens um Entschuldigung für den dadurch hervorgerufenen Ärger", sagte Fellay.
Die Äußerungen Williamsons gäben "in keiner Weise" die Haltung der Piusbruderschaft wieder. Ein Bischof könne "nur zu Fragen des Glaubens und der Moral mit religiöser Autorität sprechen". Die Bruderschaft beanspruche "keinerlei Autorität über historische oder andere säkulare Fragen".
Der frühere Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken und ehemalige bayerische Kultusminister Hans Maier (CSU) forderte den Papst auf, sich zu Williamson zu äußern. "Es ist auf jeden Fall Gefahr in Verzug", sagte Maier dem Bayerischen Rundfunk.
Die Affäre um die Piusbruderschaft könne zu massiven Turbulenzen in der Kirche führen, das Verhältnis der Katholiken zum Judentum sei gefährdet.
Der Zentralrat der Juden in Deutschland hat in diesem Zusammenhang ein Wiederaufleben des Antisemitismus beklagt. Es gebe einen "Ersatz- Antisemitismus, der Israel sagt und Juden meint", sagte der Vizepräsident des Zentralrats, Dieter Graumann, im ZDF. "Heute sehen wir, dass oft die Israel-Feindschaft vorgeschoben wird."
Die Rehabilitierung eines katholischen Bischofs, der den Holocaust geleugnet hat, zeigt laut Graumann, dass "der Antisemitismus in der Kirche reanimiert wird". Er werde wieder "salonfähig" gemacht. "Da sehen Sie doch, dass diese Dinge nie zu Ende sind."