Hochwasserkatastrophe:Die Flut erreicht den Wahlkampf

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Während das Hochwasser am Alpenrand sinkt, wird die Flut zum Wahlkampfthema: SPD und Grüne werfen der bayerischen Regierung vor, am Hochwasserschutz gespart zu haben. Dennoch sagte Bundeskanzler Gerhard Schröder die Unterstützung des Bundes zu.

Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) kritisierte am Mittwoch, dass die CSU-Regierung in Bayern am Hochwasserschutz gespart habe. Trotzdem sagte der Kanzler dem bayerischen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber (CSU) am Telefon rasche Hilfe des Bundes zu, wenn möglich mit Unterstützung der EU.

Stoiber kündigte einen Hilfsfonds für Flutopfer an. Im Voralpenland sanken die Pegel, doch flussabwärts blieb die Lage gespannt. An der Donau und in Nordbayern bereitete man sich auf die Flutwelle vor.

Führende Politiker von SPD und Grünen äußerten am Mittwoch Kritik, dass Bayern in den vergangenen Jahren am Hochwasserschutz gespart habe. Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) sagte bei einem Besuch in den Krisengebieten Bayerns, man müsse sich fragen, ob die Schutzmaßnahmen ausreichend seien.

Stoiber weist Kritik zurück

Bundesumweltminister Jürgen Trittin (Grüne) verwirrte mit gegensätzlichen Aussagen. Morgens bescheinigte er den bayerischen Behörden, sie hätten nach dem Pfingst-Hochwasser von 1999 "energische Konsequenzen" gezogen. Später warf er der CSU-Landesregierung vor, mit Kürzungen von Haushaltsmitteln die eigenen Aktionspläne gegen Fluten zu konterkarieren.

Die ursprünglich eingeplanten 36 Millionen Euro pro Jahr ab 2004 seien auf unter 28 Millionen gesunken. Stoiber wies Kritik an der Staatsregierung zurück: "Das Hochwasser ist größer als 1999, aber die Schäden sind geringer, weil wir hier in Bayern etwas gemacht haben, und das sieht man auch", sagte er der Süddeutschen Zeitung.

Bei einem Besuch im überschwemmten Sonthofen im Allgäu sagte Stoiber, er plane die Einrichtung eines Hilfsfonds. Darüber wolle er am Dienstag mit dem Kabinett beraten. In Zusammenarbeit mit Landkreisen und Gemeinden sollten die Betroffenen rasch Hilfe erhalten.

Trotz des politischen Streits sagte Bundeskanzler Schröder dem bayerischen Ministerpräsidenten telefonisch Hilfe zu. Der Bund sei zu umfangreicher Unterstützung bereit, die schnell und unbürokratisch geleistet werden müsse, auch in Zusammenarbeit mit der EU, bestätigte Regierungssprecher Bela Anda in Berlin. Außenminister Joschka Fischer (Grüne) telefonierte am Mittwoch mit der zuständigen EU-Kommissarin Danuta Hübner, um zu klären, ob Hilfe aus einem EU-Fonds nach Bayern fließen könne.

In den Landkreisen Garmisch-Partenkirchen, Bad Tölz-Wolfratshausen, Weilheim-Schongau und Miesbach sowie in Kempten und Augsburg liefen die Aufräumarbeiten auf Hochtouren. Bürger, die ihre Häuser hatten verlassen müssen, konnten zurückkehren.In einigen Bereichen wurde der Katastrophenalarm aufgehoben. Zahlreiche Straßen und Autobahnen blieben jedoch gesperrt, auch der Bahnverkehr war beeinträchtigt.

Von der Außenwelt abgeschnitten

Angespannt war die Lage an den Unterläufen von Iller, Isar und Inn. In Niederbayern und der Oberpfalz bereitete man sich auf die Flutwelle vor. Die Pegelstände von Donau stiegen an, jedoch nicht in dem befürchteten Maße, hieß es beim Krisenstab in Regensburg. Dennoch sei man vorbereitet. Mehr als 100 Menschen mussten aus Sicherheitsgründen ihre Häuser verlassen.

In Österreich, wo bei den Unwettern mindestens drei Menschen ums Leben gekommen waren, blieben am Mittwoch viele Orte in Vorarlberg und in Tirol von der Außenwelt abgeschnitten. Tausende Häuser wurden von den Wassermassen zerstört. Urlaubsorte wurden schwer in Mitleidenschaft gezogen. Besitzer von Hotels und Pensionen stehen vor dem Nichts.

Versicherungen schätzen, dass das Hochwasser im Alpenraum Schäden von mehr als einer halben Milliarde Euro angerichtet hat. In der Schweiz blieb die Lage kritisch. Meteorologen gaben keine Entwarnung. In Rumänien gingen erneut heftige Regenfälle nieder. Innerhalb von 24 Stunden starben sieben Menschen.

© SZ vom 25.8.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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