Hintergrund zum Referendum in Birma:Die Armee bleibt an den Schalthebeln der Macht

Lesezeit: 1 min

Trotz der Zyklon-Katastrophe hat die in Birma herrschende Militärjunta am Samstag zum Referendum über eine neue Verfassung aufgerufen. Im folgenden die wesentlichen Punkte des Entwurfs, der die seit 1974 gültige Verfassung ersetzen soll.

Nach der Wirbelsturmkatastrophe in Birma dürften die meisten Menschen andere Sorgen haben als die neue Verfassung. Doch die herrschende Militärjunta hielt an ihrem Plan fest und rief am Samstag zum Referendum über das 194 Seiten umfassende Dokument auf. Im folgenden die wesentlichen Punkte des Entwurfs, der die seit 1974 gültige Verfassung ersetzen soll:

Wahlen Die neue Verfassung soll in Kraft treten, sobald ein bei Mehrparteien-Wahlen im Jahr 2010 gewähltes Parlament zusammenkommt.

Präsident Ein Kandidat darf nicht mit einem Ausländer verheiratet sein oder verheiratet gewesen sein; er darf auch keine ausländischen Kinder haben. Damit ist Oppositionsführerin Aung San Suu Kyi von einer Kandidatur ausgeschlossen. Sie war mit dem an Krebs verstorbenen Briten Michael Aris verheiratet und hat zwei Kinder britischer Nationalität. Der Präsident soll über militärische Angelegenheiten "gut informiert" sein.

Parlament Das Parlament soll zwei Kammern haben, in denen jeweils ein Viertel der Sitze für Offiziere reserviert sein soll, die vom Oberbefehlshaber berufen werden. Kandidaten für das Parlament dürfen nicht vorbestraft sein. Damit sind zahlreiche demokratische Aktivisten ausgeschlossen, die aus politischen Gründen inhaftiert wurden. Die letzte Wahl 1990 hatte Suu Kyis oppositionelle Nationale Liga für Demokratie (NLD) gewonnen; die Junta erkannte den Sieg jedoch nicht an.

Ministerien Die drei Ministerien für Inneres, Verteidigung und Grenzangelegenheiten sind dem Militär vorbehalten.

Ausnahmezustand Der Oberbefehlshaber der Streitkräfte kann im Falle des Ausnahmezustandes die Regierungsgeschäfte übernehmen. Dieser kann bei Aufständen oder Gefahr für die "nationale Solidarität" erklärt werden.

Änderungen Jede Verfassungsänderung erfordert eine Zustimmung von 75 Prozent der Abgeordneten. Damit sind Änderungen ohne Unterstützung des Militärs so gut wie unmöglich.

Ethnische Minderheiten Sechs der rund 130 ethnischen Minderheiten sollen einen Autonomiestatus erhalten. Diese sechs Gruppen, die in Grenzregionen leben, haben im Gegensatz zu anderen Rebellenbewegungen bereits Abkommen mit der Junta geschlossen.

Wirtschaft Birma soll eine Marktwirtschaft erhalten, Unternehmen sollen nicht verstaatlicht werden.

Hauptstadt Die neue Stadt Naypyidaw im Zentrum des Landes soll offiziell Hauptstadt werden. Die Militärjunta hat bereits ihre Ministerien aus Rangun dorthin verlegt.

© AFP/bavo - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: