Hilfen für Familien:Zwei mal zehn Wochen

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Familienministerin Franziska Giffey (SPD) wirbt dafür, dass Mütter und Väter sich die Betreuung teilen. (Foto: Maja Hitij/Getty Images)

Der Bundestag verlängert die Lohnfortzahlung für Eltern, die wegen Corona ihre Kinder daheim betreuen müssen und deshalb nicht arbeiten können.

Von Henrike Roßbach, Berlin

Es dürfte so ziemlich die erste Frage gewesen sein, die berufstätigen Eltern durch den Kopf schoss, als Mitte März der Lockdown über Deutschland kam und die Schulen und Kitas schlossen: Wie soll das gehen? Die Antwort vieler Arbeitgeber lautete: Home-Office, jedenfalls in Berufen, in denen das möglich ist - und verbunden mit all den Schwierigkeiten, die videokonferierenden Eltern kleiner Kinder inzwischen nur allzu vertraut sind. Die Antwort der Politik lautete, neben der Notbetreuung für systemrelevante Berufe: staatliche Lohnfortzahlung.

Eltern, die nicht arbeiten können, weil sie Kinder unter zwölf Jahren pandemiebedingt zu Hause betreuen müssen, haben Anspruch auf 67 Prozent ihres Nettolohns, gedeckelt allerdings auf 2016 Euro im Monat. Am Donnerstag hat der Bundestag nun beschlossen, dieses Instrument zu verlängern. "Damit entlasten wir viele Familien, die nach wie vor nicht zur Arbeit gehen können, weil sie keine Betreuungsmöglichkeiten für ihre Kinder haben", sagte Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD). Viele Kitas hätten noch nicht zum Regelbetrieb zurückkehren können, so Heil, damit hätten viele Eltern nach Auslaufen der jetzigen Regelung "unverhältnismäßige Lohneinbußen" fürchten müssen.

Künftig haben Mütter und Väter nicht mehr nur jeweils sechs Wochen Anspruch auf die Lohnersatzleistung, sondern sogar jeweils zehn Wochen - zusammen also 20 Wochen, was auch für Alleinerziehende gilt. Neu ist auch, dass der Anspruch tageweise geltend gemacht werden kann, was zur tageweisen Rückkehr vieler Kinder in die Schulen und Kitas passt. Die Anspruchsdauer verlängert sich dann entsprechend. Heil sprach von einer echten Verbesserung der Rechtslage und einer großen Unterstützung für Familien, "die seit Wochen außerordentliche Belastungen schultern müssen". Die Zusatzkosten ließen sich, so heißt es im Gesetzentwurf, nicht beziffern - zu unklar ist, wer die Leistung angesichts der schrittweisen Öffnung von Schulen und Kitas in Anspruch nimmt.

Zwischenzeitlich stand die Lohnfortzahlung auf der Kippe. Weil sie ursprünglich auf sechs Wochen begrenzt war, drohten die ersten Eltern aus der Hilfe herauszufallen. Neben Heil hatte sich vor allem Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) für eine Verlängerung starkgemacht. Schon nachdem das Kabinett vergangene Woche grünes Licht gegeben hatte, sprach sie deshalb von einem "familienpolitischen Erfolg" - und betonte, dass der individuelle Anspruch von zehn Wochen je Elternteil der partnerschaftlichen Aufteilung von Beruf und Familie diene.

Dass in der Krise vor allem die Frauen die entstandenen Betreuungslücken schließen, teilweise zu Lasten ihrer eigenen Berufstätigkeit, ist ein zunehmend diskutiertes Corona-Phänomen. So zeigte kürzlich eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, dass von der Mehrbelastung in Sachen Kinderbetreuung in erster Linie die Mütter betroffen sein dürften - denn sie arbeiteten oft in Teilzeit und hätten das niedrigere Gehalt. Insgesamt gibt es der Studie nach mehr als vier Millionen Haushalte mit Kindern unter zwölf Jahren, in denen beide Eltern berufstätig sind. In 57 Prozent der Familien habe zumindest ein Elternteil die Möglichkeit, von zu Hause aus zu arbeiten; unter Alleinerziehenden sei das Home-Office nur für 35 Prozent der Betroffenen einen Option.

Die Lohnfortzahlung ist eine Entschädigungsleistung aus dem Infektionsschutzgesetz. Beschlossen wurde sie im Bundestag - mit den Stimmen der Regierungskoalition und der FDP - als Anhängsel zum "Corona-Steuerhilfegesetz", mit dem noch weitere Hilfen auf den Weg gebracht wurden. Unter anderem gehört zum Paket, dass von Juli an ein Jahr lang für Speisen im Restaurant nur der ermäßigte Mehrwertsteuersatz von sieben Prozent gilt; das soll der Gastronomie nach den langen Schließungen helfen. Zudem werden Arbeitgeberzuschüsse zum Kurzarbeitergeld größtenteils steuerfrei gestellt, ebenso "Corona-Sonderzahlungen" bis 1500 Euro, was auf die geplanten Prämien für Pflegekräfte abzielt.

© SZ vom 29.05.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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