Hessen:Stellvertreter-Krieg in Wiesbaden

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Die Landtagsfraktionen von CDU und SPD streiten darüber, wer wie viele Vize-Parlamentspräsidenten stellen darf. Bei der SPD war auch Abweichlerin Dagmar Metzger dabei.

Christoph Hickmann

Vor der ersten Sitzung des neuen Hessischen Landtags bahnt sich zwischen CDU und SPD ein Machtkampf um die Besetzung des Landtagspräsidiums an. Während die CDU den Parlamentspräsidenten und zudem einen Vizepräsidenten stellen will, vertritt die SPD den Standpunkt, dass der CDU kein Stellvertreter zustehe, wenn sie bereits den Präsidenten stelle. Da beide Parteien im neuen Landtag dieselbe Zahl an Sitzen haben werden, gilt die Frage als erstes Kräftemessen der beiden Fraktionen.

Auch die SPD-Abgeordnete Dagmar Metzger nahm an der Sitzung der Fraktion teil: Sie lehnt es ab, dass sich Andrea Ypsilanti von der Linken zur Ministerpräsidentin wählen lässt (Foto: Foto: AP)

Die CDU war bei der Wahl Ende Januar knapp stärkste Partei vor der SPD geworden. Es wird daher allgemein erwartet, dass die Sozialdemokraten den CDU-Kandidaten für das Amt des Landtagspräsidenten mittragen, den bisherigen Amtsinhaber Norbert Kartmann. Zwar ist er bei der SPD umstritten, weil viele Sozialdemokraten ihm eine parteiische Art der Sitzungsleitung vorwerfen - doch im Grundsatz bestreiten auch sie nicht, dass es den Christdemokraten zusteht, den Landtagspräsidenten zu stellen. Im Jahr 1991 hatten beide Parteien schon einmal dieselbe Zahl an Mandaten geholt. Damals aber lag die SPD nach Stimmen vor der CDU, weshalb diese den sozialdemokratischen Kandidaten mittrug.

Zur Kraftprobe wird nun stattdessen die Diskussion über die Zahl der Vizepräsidenten: Die CDU vertritt die Position, dass ihr wie bisher auch der Posten eines Stellvertreters zustehe. "Wir wollen den bisherigen parlamentarischen Brauch fortführen, dass alle Fraktionen im Hessischen Landtag einen Vizepräsidenten stellen", sagt Axel Wintermeyer, parlamentarischer Geschäftsführer der CDU-Fraktion. Weil aber die SPD-Fraktion gleich stark ist, soll sie als Ausgleich für den Präsidentenposten zwei Stellvertreter benennen dürfen. Da die Linke bislang nicht im Parlament vertreten war, wüchse die Zahl der Vizepräsidenten damit von aktuell vier auf sechs an.

Modelle und Möglichkeiten

Gegen dieses Modell hat sich nun die SPD-Fraktion gewandt. Bei ihrer Klausurtagung beschloss sie am Mittwoch einen anderen Vorschlag. Demnach wollen die Sozialdemokraten der CDU keinen Parlaments-Vizepräsidenten zugestehen und die Zahl der Stellvertreter auf vier begrenzen, je einen aus jeder der übrigen Fraktionen.

Dabei spielt auch eine Rolle, dass die SPD der CDU in der neuen Legislaturperiode eine erste Niederlage zufügen will. Über die Besetzung des Präsidiums wird vor der ersten Landtagssitzung zwischen den Fraktionen verhandelt.

Der CDU bleiben nun zwei Möglichkeiten zu reagieren. Sie kann sich dafür einsetzen, dass es nur noch einen Stellvertreter gibt. Dieser würde dann von der SPD gestellt. Die Sozialdemokraten erklärten am Mittwoch, eine solche Lösung sei für sie akzeptabel. Ihr parlamentarischer Geschäftsführer Reinhard Kahl hatte allerdings vor der Fraktion berichtet, er habe sich mit diesem Vorschlag nicht gegen die anderen Geschäftsführer durchsetzen können.

Dementsprechend ist zu erwarten, dass die SPD sich den Unmut der anderen Fraktionen zuzöge, käme es zum sogenannten Zweier-Modell. Besonders kritisch wäre dies im Fall der Grünen und der Linken, mit denen die SPD zentrale Punkte ihres Wahlprogramms durch das Parlament bringen will.

Sollten sich die Fraktionen auf das Modell mit vier Vizepräsidenten einigen, bliebe der CDU eine weitere Möglichkeit, ihren bereits nominierten Stellvertreter-Kandidaten durchzubringen: Sie könnte ihn gegen den Bewerber der Linken ins Rennen schicken und darauf setzen, dass er genügend Stimmen aus den anderen Fraktionen bekommt. Fiele der Linken-Kandidat dann bei der Wahl durch, wäre ein Konflikt zwischen seiner Fraktion und der SPD zu erwarten.

Deren Abgeordnete beschlossen, im Fall einer Kampfabstimmung den linken Bewerber zu wählen. Dem stimmte auch die Parlamentarierin Dagmar Metzger zu, die sich gegen eine Zusammenarbeit mit der Linken gestellt und so eine von der Linken tolerierte rot-grüne Minderheitsregierung verhindert hatte.

© SZ vom 20./21.3.2008 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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