Haushaltsdebatte im Bundestag:Ein Hauch von Hochmut

Auf den großen Durchbruch der Rednerin Angela Merkel wird man weiter warten müssen. Nach vorläufigem Urteil vermutlich vergebens.

Ein Kommentar von Christoph Schwennicke

Die öffentliche Rede ist ihre Sache nicht. Merkel hat schon als Oppositionsführerin beim rhetorischen Schlagabtausch im Reichstag nie geglänzt.

Und auch als Bundeskanzlerin bleibt sie weit hinter dem zurück, was sich einem in dieser Hinsicht begabteren Naturell dort an Chancen böten. Es war eine schwache Rede, die Angela Merkel zu ihrem einjährigen Geburtstag als Kanzlerin in der Haushaltsdebatte auf sich und ihre Regierung gehalten hat.

Zugute kam ihr, dass sich jenseits von Guido Westerwelle alle Rednerinnen und Redner der Opposition in ihren Repliken dem vorgegebenen Niveau anpassten.

Wie Helmut Kohl

Die Schwäche ihrer Rede aber stand in einem seltsamen Kontrast zum demonstrierten Selbstbewusstsein der Kanzlerin. Einwürfe der Opposition wedelte sie schon beinahe so unwirsch weg wie Helmut Kohl in seinen entrücktesten Zeiten.

Hier präsentierte sich eine Chefin, die erkennbar genoss, dass die erste Bilanz ihrer Kanzlerschaft nicht mehr in die finstere Phase des Ringens um die Gesundheitsreform fiel. Wenn's ganz dunkel ist, wird's bald wieder heller, diese Weisheit hat sich für Merkel bewahrheitet.

Vom Genuss zum Hochmut aber ist es nur ein kleiner Schritt. Selbstherrlichkeit ist die süßeste Versuchung von Führungspersönlichkeiten, ganz gleich in welchem Bereich sie arbeiten.

Fällt man ihr anheim, geht der nüchterne Blick auf die Dinge verloren, man hebt ab und entschwebt. Westerwelle traf den Punkt, als er die Kanzlerin daran erinnerte, dass die Wählerinnen und Wähler nicht im mindesten so zufrieden sind wie sie selbst.

© SZ vom 23.11.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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