Hartz  IV:Entpört euch

Das System gehört renoviert, nicht geschlachtet. Mehr Augenmaß täte der Diskussion gut.

Von Henrike Roßbach

Leicht und flott sagt sich der Schlachtruf daher: Hartz IV muss weg! Aber alles, was nach dem Ausrufezeichen kommen müsste, hätte mit leicht und flott nichts mehr zu tun. Wer die Grundsicherung abschafft, würde die Gesellschaft einer Zerreißprobe aussetzen. Vor allem aber argumentieren viele Experten überzeugend, dass alles, was Hartz IV ersetzen könnte, am Ende doch ziemliche Ähnlichkeiten mit dem Hartz IV aufweisen würde. Auch in Zukunft muss Geld fließen, orientiert an einem statistisch errechneten Bedarf. Es müssen angemessene Wohnungen finanziert und eigenes Vermögen berücksichtigt werden, es muss beraten und in Arbeit vermittelt werden.

Statt mit Hartz-IV-Abschaffungsszenarien für ein bisschen Applaus falsche Hoffnungen zu wecken, wäre es ein besserer Vorsatz fürs neue Jahr, die Grundsicherung dort zu renovieren, wo der Schaden erkennbar ist. So ist es überhaupt nicht einzusehen, dass Jugendliche aus Hartz-IV-Familien nicht genau wie ihre Freunde in den Arbeitsagenturen beraten werden, wenn sie einen Ausbildungsplatz suchen, sondern ins Jobcenter müssen. Oder dass jüngere Hartz-IV-Empfänger besonders rigide sanktioniert werden. Oder die Unterkunftskosten in den Sanktionskatalog kommen.

All jene, die das System als stigmatisierend brandmarken, von Drangsalierung und einem "Regime" reden, sollten ihre Energie lieber dorthin lenken, wo im Kleinen große Ungerechtigkeiten behoben werden könnten.

© SZ vom 31.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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