Hamburger Messerangriff:Abschiebung verpennt

Der ewige Ruf nach immer schärferen Gesetzen ist unselig.

Von Jan Heidtmann

Trigger-happy, so werden in den USA Menschen bezeichnet, die ihren Finger schnell am Abzug haben, oft zu schnell. Nun darf in Deutschland kaum jemand legal eine Waffe tragen - dafür wird um so zügiger mit Worten geschossen. Zum Beispiel nach einem Fall wie dem des Messerangreifers Ahmad A. in Hamburg. Einer der ersten Politiker, die sich meldeten, war der CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer: "Solche Personen müssen aus dem Verkehr gezogen werden, bevor sie Taten begehen." Sein Innenminister sekundierte mit der Forderung, dass nur noch Flüchtlinge mit einem gültigen Pass ins Land gelassen werden dürften.

Der Ruf nach schärferen und vermeintlich besseren Gesetzen ist zu einem unseligen Ritual geworden. Wären allein die geltenden Vorschriften richtig angewendet worden, hätte der Anschlag auf den Berliner Weihnachtmarkt genau so verhindert werden können wie jetzt der Angriff in Hamburg. Diesmal hatte das Bundesamt für Flüchtlinge schlicht die Frist verpennt, bis zu der Ahmad A. nach Norwegen zurückgeschickt werden konnte.

Die vorschnellen Äußerungen sind da nicht nur deshalb so ärgerlich, weil sie die Sehnsucht nach einfachen Lösungen befeuern und so das Geschäft der Populisten besorgen. Sie verstellen zusätzlich den Blick darauf, woran die Sicherheitspolitik auch regelmäßig scheitert: an der Umsetzung längst vorhandener Gesetze.

© SZ vom 02.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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