Hamburg:Streit um die Terrorwarnung

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Der Hamburger Innensenator Dirk Nockemann will die Schutzmaßnahmen für das von einem Anschlag bedrohte Bundeswehrkrankenhaus in der Hansestadt noch zwei bis drei Tage lang beibehalten - trotz der Kritik von Bundesinnenminister Otto Schily.

Nach der Terrorwarnung für Hamburg bleibt das Gelände um das Bundeswehrkrankenhaus auch in den kommenden Tagen abgesperrt. Innensenator Dirk Nockemann (Partei Rechtsstaatliche Offensive) sagte am Mittwoch im NDR, die Schutzmaßnahmen würden noch "zwei bis drei Tage" andauern.

In der Umgebung um das Krankenhaus im Stadtteil Wandsbek wurde nach Angaben der Polizei zunächst nichts Verdächtiges gefunden. Nockemann wehrte sich gegen die Kritik an seinem Vorgehen, die Hinweise auf einen angeblich geplanten Autobombenanschlag islamischer Terroristen publik gemacht zu haben.

Nach Angaben des Polizeisprechers wurde nichts Verdächtiges und auch kein Sprengstoff gefunden. Auch Festnahmen habe es nicht gegeben. Die Anwohner müssten sich aber weiter darauf einstellen, nur nach Vorzeigen ihres Personalausweises in ihre Wohnungen gelassen zu werden, sagte Innensenator Nockemann. "Und ich muss es auch noch einmal sagen, wir halten diese Maßnahmen aufgrund der vorliegenden konkreten Hinweise für gerechtfertigt."

Laut Nockemann waren am Dienstag entsprechende Hinweise von "Berliner Bundesbehörden" mit einer Bewertung des Bundeskriminalamtes eingegangen. Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) hatte die Bekanntgabe der Hinweise am Dienstagabend kritisiert. "Zu bedauern ist, dass die Hinweise vorzeitig in die Öffentlichkeit gelangt sind, weil dadurch deren erfolgreiche Abklärung erschwert wird." Zugleich bestätigte er, dass den Behörden entsprechende Informationen vorliegen: "Es gibt ungesicherte Hinweise, dass angeblich Anschläge auf US-Militäreinrichtungen in Deutschland und auf ein Hamburger Militärhospital geplant sind."

Eine abschließende Bewertung sei aber derzeit "noch nicht möglich". Er habe die Entscheidung zur Veröffentlichung "nicht am grünen Tisch" getroffen, verteidigte Nockemann im Nachrichtensender n-tv sein Vorgehen, sondern habe sich von Mitarbeitern des Verfassungsschutzes und Terrorismus-Experten beraten lassen. Im NDR sagte er, es gebe Hinweise auf zwei namentlich bekannte Verdächtige, die Mitglieder der Terrororganisation Ansar el Islam gewesen und bereits nach Deutschland eingereist seien, "um in Hamburg in unmittelbarer zeitlicher Nähe einen Anschlag auf ein Militärhospital zu verüben".

Da es in Hamburg nur ein Militärhospital gebe, habe dies geschützt werden müssen. "Und solch eine Maßnahme kann auch nicht im Verborgenen geschehen." Spekulationen, sein Vorgehen habe mit den bevorstehenden Neuwahlen in der Stadt zu tun, wies Nockemann zurück. Die Bürgerschaft war am Dienstag aufgelöst worden, um den Weg für Neuwahlen am 29. Februar freizumachen. Bürgermeister Ole von Beust (CDU) hatte die Mitte-Rechts-Koalition vor drei Wochen wegen der Dauerquerelen mit der Partei der Rechtsstaatlichen Offensive um ihren Gründer Ronald Schill aufgekündigt.

Nockemann: "Es geht hier nicht um irgendeine Wahlkampfmaßnahme"

"Es geht hier nicht um irgendeine Wahlkampfmaßnahme", sagte der Nachfolger von Schill im Amt des Innensenators im . Der Terrorismus-Experte Rolf Tophoven warnte bei allen Ungereimtheiten der angeblichen CIA-Warnung davor, solche Anschläge in Deutschland auszuschließen. "Es ist eine trügerische Ruhe, die herrscht", sagte er im NDR. Das Terror-Netzwerk al-Qaida habe auch die Bundesrepublik bereits in der Vergangenheit mehrmals in ihr Fadenkreuz genommen.

Tophoven hat Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) nach der Anschlagwarnung von Hamburg kritisiert. "Wenn einer sagt, die Hamburger Sicherheitsbehörden seien zu früh an die Öffentlichkeit gegangen und hätten voreilig gehandelt, dann ist das falsch", sagte Tophoven. "Wenn konkrete Namen und Ziele vorlagen, ist schnelles Handeln richtig."

Der SPD-Innenexperte Dieter Wiefelspütz forderte im InfoRadio Berlin-Brandenburg, zunächst müsse Innensenator Nockemann Gelegenheit gegeben werden, sein Handeln zu erläutern: "Ich bin der Auffassung, der Hamburger Innensenator wird heute und in den nächsten Tagen gefragt werden müssen, warum er so gehandelt hat und nicht anders." Wichtig sei dabei, warum er anders gehandelt habe, als es offenbar die Einschätzung des Bundesinnenministers gewesen sei.

Die radikalislamistische Gruppe Ansar el Islam wurde im September 2001 im Norden Iraks gegründet. Ansar el Islam soll den El-Kaida-Kämpfern von Osama bin Laden Unterschlupf gewährt haben, außerdem tauchte die Gruppe im Zusammenhang mit Anschlägen auf.

(sueddeutsche.de/AFP/dpa)

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