Hamburg:Kusch gefeuert

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Der Hamburger Bürgermeister Ole von Beust hat seinen Justizsenator entlassen. Zuvor hatte sich Roger Kusch geweigert, seinen Posten freiwillig aufzugeben.

Hamburgs Bürgermeister Ole von Beust hat seinen Justizsenator Roger Kusch (beide CDU) am Montag wegen der Protokollaffäre entlassen.

Er zieht damit die Konsequenzen aus der unrechtmäßigen Weitergabe von vertraulichen Akten aus einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss.

Kusch hatte auf einer Pressekonferenz am Sonntag erklärt, von Beust habe mit ihm telefoniert und ihm den Rücktritt nahe gelegt. Das habe er abgelehnt, denn er und seine Behörde hätten keine Fehler gemacht.

Die SPD-Opposition hatte daraufhin von einer Rücktrittsposse und dem vorläufigen Tiefpunkt einer langen Entwicklung gesprochen.

"Eine Kette von Ereignissen"

"Der Grund der Entlassung liegt in einer Kette von Ereignissen vorher. Die Protokollaffäre war nur der Tropfen, der das Fass zum überlaufen brachte", sagte Beust.

Als Kuschs Nachfolger will der Bürgermeister noch am Montag den Justizstaatsrat Carsten-Ludwig Lüdemann der CDU-Fraktion vorschlagen. Der 41-Jährige könnte dann schon bei der kommenden Bürgerschaftssitzung am Mittwoch gewählt werden.

Kern der Affäre ist die Frage, ob Kusch von der Weitergabe von Protokollen eines Untersuchungsausschusses der Hamburger Bürgerschaft über die Justizbehörde unter anderem an seinen Rechtsbeistand und einen Mitarbeiter der CDU/CSU-Bundestagsfraktion gewusst hat.

Kusch hatte am Sonntag erklärt, dieser Vorgang sei dem Bürgermeister schon seit dem 10. März bekannt gewesen. Es habe weder bei ihm, noch in seiner Behörde Fehler gegeben, sagte er.

Der 51-Jährige wies diese Vermutung stets zurück. Vor einer Woche hatte Beust bereits den Staatsrat der Sozialbehörde, Klaus Meister, wegen persönlicher Verantwortlichkeit in der Affäre entlassen. Dieser habe "die persönliche Verantwortung für Unregelmäßigkeiten in seiner Behörde" zu tragen, sagte von Beust.

Die Weitergabe von Protokollen ist nach dem Gesetz über Untersuchungsausschüsse verboten, denn mit den Unterlagen könnten sich möglicherweise Senatoren oder Beamte auf ihre Befragung durch den Untersuchungsausschuss vorbereiten.

Auch Kuschs Justizbehörde hatte diese Protokolle widerrechtlich erhalten. Von dort waren sie sogar an Personen außerhalb der Behörde weitergeleitet worden. Ob Kusch von diesen Vorgängen wusste, ist unklar.

Der Untersuchungsausschuss beleuchtet auf Antrag der Opposition die Vorgänge in einem geschlossenen Kinderheim, das von der CDU-Regierung eingeführt worden war. Was als Erfolg der CDU-Hardlinerpolitik geplant war, geriet aber außer Kontrolle:

Immer wieder waren Kinder dort geflohen, außerdem gab es Beschuldigungen gegen Mitarbeiter des Heims in der Feuerbergstraße.

Die Arbeit des Ausschusses hat bereits ein Gerichtsverfahren zu der Frage ausgelöst, ob Kusch auf eine Frage der Abgeordneten im Ausschuss die Antwort verweigern darf, was er getan hatte. Außerdem hatten Bürgerschaftspräsident Berndt Röder und von Beust zwei Sonderermittler zur Aufklärung der Vorgänge eingesetzt.

Kusch war seit 2001 Justizsenator in Hamburg. Er steht wegen einer ganzen Reihe von Vorfällen seit Jahren in der Kritik: Erst vor wenigen Wochen hatte der frühere Staatsanwalt Fehler eingeräumt.

Er hatte etwa ohne Absprache in der Partei die Abschaffung des Jugendstrafrechtes gefordert und war für die Freigabe der Sterbehilfe eingetreten.

In Zukunft wolle er in der Partei für seine Ansichten werben, kündigte Kusch im Februar an. Bürgermeister von Beust hatte den Senator vorher bereits zurechtgewiesen. Kusch hatte unter Bundeskanzler Helmut Kohl im Bundeskanzleramt gearbeitet.

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