Guantanamo-Tribunal:"Gott ist mein Zeuge, ich bin al-Qaida-Mitglied"

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Sulayman al Bahlul aus dem Jemen hat vor dem US-Militärtribunal auf Guantanamo seine Mitgliedschaft in dem Terrornetzwerk gestanden. Sein Antrag, sich selbst zu verteidigen, wurde abgelehnt. Inzwischen wurde bekannt, dass viele Verhöre arabischer Häftlinge falsch übersetzt wurden.

Der Leiter der Militärkommission, Oberst Peter Brownback, begründete die Ablehnung mit den Vorschriften des Militär-Tribunals. Al Bahlul wird von den Militäranklägern als "Schlüsselpropagandist" der Al Kaida bezeichnet, der in Videos die Ermordung von Amerikanern gefeiert habe.

"So wahr Gott mein Zeuge ist, bin ich Mitglied der Al Kaida", sagte Al Bahlul. Die Vereinigten Staaten hätten keinen Druck ausgeübt, um ihn zu dieser Aussage zu bewegen.

Al Bahlul war der dritte von vier Terrorverdächtigen, der in dieser Woche vor dem Militärtribunal gehört wird. Der erste Häftling, Salim Ahmed Hamdan, lehnte es ab, sich zu der Anklage zu äußern.

Hingegen erklärte sich am Mittwoch der Australier David Hicks für unschuldig. Die Kommission beschloss dennoch die Eröffnung eines Militärprozesses gegen den 29-Jährigen, der Ende 2001 in Afghanistan gefangen genommen worden war. Der Prozess soll am 10. Januar beginnen. Im Falle eines Schuldspruchs droht dem zum Islam konvertierten Australier eine lebenslange Haftstrafe.

Psychische Misshandlung in der Isolationshaft

Hicks Vater, Terry, verlangte am Donnerstag die Verlegung des Verfahrens vor ein australisches Gericht. Nach einem 15 Minuten langen Gespräch mit seinem Sohn, der ersten Begegnung der beiden seit fünf Jahren, erhob Hicks schwere Vorwürfe gegen die US-Armee.

Nach der Gefangennahme Ende 2001 in Afghanistan soll sein Sohn auf "sehr unangenehme Weise misshandelt" worden sein, sagte Hicks dem US-Nachrichtensender CNN. Die spätere Isolationshaft in Guantánamo Bay grenze an psychische Misshandlung. Dennoch nannte Hicks die Anhörung "sehr fair".

Dem "australischer Taliban" genannten Hicks soll unter anderem wegen der Verschwörung zu Kriegsverbrechen, der Unterstützung des Feindes und des versuchten Mordes an Koalitionssoldaten am 10. Januar 2005 der Prozess gemacht werden.

Übersetzungsfehler bei Verhören

Bei der offiziellen Übersetzung von Aussagen arabischer Häftlinge im US-Gefangenenlager in Guantánamo Bay sind zum Teil schwere Fehler aufgetreten. Militärsprecher an der Marinebasis auf Kuba gaben dies am Donnerstag zu und versprachen, dass die betroffenen Gefangenen nochmals vernommen werden sollten.

Die Übersetzungsfehler kamen unter anderem in den Erklärungen eines saudi-arabischen Gefangenen vor. Diese Fehler waren zuerst von zwei arabischen TV-Journalisten festgestellt worden.

Der Häftling hatte beispielsweise berichtet, dass er nach Afghanistan gegangen sei, um sich für den Kampf in der Kaukasusrepublik Tschetschenien ausbilden zu lassen, wie ein Korrespondent des katarischen Senders El Dschasira sagte. In der Übersetzung sei daraus geworden, dass der Mann nach Afghanistan gereist sei, um in ein Trainingscamp zu gehen und dort "einer Art Kult" beizutreten.

Ferner seien in der Übersetzung aus der afghanischen Nordallianz "die Vereinigten Staaten oder die Vereinigten Staaten und ihre Verbündeten" geworden, sagte Nadia Charters vom Sender El Arabija.

Die US-Armee lässt derzeit in Anhörungen den Status sämtlicher 585 Gefangener in Guantánamo Bay überprüfen. Dabei soll entschieden werden, ob sie in ihre Heimatländer zurückgeschickt werden oder weiter inhaftiert bleiben.

Leibwächter Bin Ladens vor Tribunal

Als vierter Guantanamo-Häftling muss sich der 1960 geborene Sudanese Ibrahim Ahmed Mahmud al Kosi vor dem Tribunal verantworten. Er ist ein ehemaliger Leibwächter von Terror-Drahtzieher Osama bin Laden vor der umstrittenen US-Militärkommission verantworten.

Die Verteidiger der vier Häftlinge haben inzwischen in zahlreichen Anträgen die Rechtmäßigkeit der Verfahren und die Qualifikation von fünf der sechs Mitglieder in der US-Militärkommission in Frage gestellt. Zuvor hatten bereits Menschenrechtsorganisationen die geplanten Prozesse als unfair bezeichnet.

Nach dem Willen von US-Präsident George W. Bush sollen insgesamt 15 der 585 Guantánamo-Häftlinge vor der Militärkommission angeklagt werden.

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