Grünen-Spitze:Miteinander gegeneinander

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Simone Peter und Cem Özdemir werden keine Freunde mehr. Der Partei schaden die Reibereien in ihrer Doppelspitze.

Von Stefan Braun, Münster

Ob Simone Peter und Cem Özdemir eigentlich merken, dass ihnen gerade die Gesichtszüge entgleiten? Ahnt Peter, wie streng sie schaut, als ihr Ko-Vorsitzender redet? Weiß Özdemir, wie garstig er sich abwendet, während sie ein paar Worte an die Umstehenden richtet? Als die Parteichefs der Grünen zum Start in den Parteitag die Journalisten begrüßen, scheint es auf beiden Seiten keine Anstrengung mehr zu geben, um den Riss zwischen beiden wenigstens ein klein wenig zu verbergen. Peter und Özdemir - sie werden keine Freunde mehr werden.

Das passt, so muss man das sagen, in die vergangenen Wochen, Monate, Jahre. Die im Herbst 2013 vom linken Flügel der Partei nominierte Peter und der als Realo bekannte Özdemir haben sich eigentlich nie verstanden. Früh begann bei beiden die Profilierung, und sie galt nicht etwa dem Ziel, die Partei zu stärken. Ziel war es vor allem, die Position im eigenen Lager zu stabilisieren. Dass das nicht besser wurde, sondern sich über die Jahre weiter verhärtete, konnten Partei und Medien in den vergangenen Wochen nachhaltig studieren. Kein Thema mehr, bei dem die beiden noch Hand in Hand gingen. Als beide in den Tagen vor dem Parteitag getrennt zu Hintergrundgesprächen einluden, wurde der Eindruck nicht abgemildert, sondern besonders deutlich: Die beiden leben in ziemlich entgegengesetzten Welten.

Nun ist die Geschichte mit der Doppelspitze immer eine Baustelle gewesen. Was hat es bei den Grünen schon für Paare gegeben. Claudia Roth und Reinhart Bütikofer; Gunda Röstel und Antje Radcke, Jürgen Trittin und Krista Sager - selten bis nie sind das Liebesheiraten gewesen. Und doch, wer heute mit früheren Parteichefinnen und -chefs redet, bekommt schon zu hören, wie kritisch, besorgt, teilweise verärgert sie auf die aktuelle Lage schauen.

Dabei, auch das ist bemerkenswert, stellt niemand die Doppelspitze mit einer Frau und einem Mann infrage. Das eigentliche Problem verorten immer mehr dieser Ehemaligen in dem zwanghaften Versuch, in der Doppelspitze stets Linke wie Realos "gegeneinander zu stellen". So drückt es jedenfalls eine ehemalige Vorsitzende aus. Selbst wer viel Energie habe, verschleiße sich damit. Noch schlimmer aber sei, dass sich in immer mehr Ländern und noch mehr Kreisverbänden nur noch die Ideologen in verfeindeten Lagern begegnen würden. "Für das Publikum trägt es längst absurde Züge", klagt einer, der auch mal der Partei vorstand.

Trotz des Unmuts wird das so schnell keine Konsequenzen haben. Weder Peter noch Özdemir droht in Münster, was Antje Radcke im Jahr 2000 in ebendieser Stadt widerfuhr. Sie wurde damals abgesägt - weil der eigene Flügel sie nicht mehr haben wollte.

© SZ vom 12.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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