Große Koalition:Koch schließt "Reichensteuer" nicht aus

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Am Ende dieser Woche soll der Koalitionsvertrag unterschriftsreif sein. Nun diskutieren SPD und Union, wie die Löcher im Haushalt zu stopfen sind. Noch-SPD-Chef Müntefering will einer Erhöhung der Mehrwertssteuer nur zustimmen, wenn die "Reichensteuer" kommt. Dies wird in der Union nicht von vorn herein abgelehnt.

Der hessische Ministerpräsident Roland Koch (CDU) hat Zustimmung zu einer Kombination aus Mehrwertsteuererhöhung und einer stärkeren Belastung von Besserverdienenden signalisiert. "Wir müssen eine Regelung finden, die in der sozialen Balance ist", sagte Koch im ZDF-Morgenmagazin. Das bedeute: "Alle in dieser Gesellschaft, auch die Besserverdienenden, müssen etwas dazu beitragen, dass wir die Krise Deutschlands beseitigen."

Die Verhandlungsführer der Arbeitsgruppe Finanzen: Peer Steinbrück (SPD) und CDU-Mann Roland Koch (r.) (Foto: Foto:)

Es sei aber zu überlegen, "ob wir die, die viel leisten in dieser Gesellschaft, die möglicherweise davon auch ein hohes Einkommen haben, ob wir denen sagen: Ihr seid eigentlich die Unbeliebten", sagte Koch.

Bevor über Steuererhöhungen entschieden werde, würden zunächst Subventionskürzungen und andere Einsparmöglichkeiten überprüft. Ziel sei ein verfassungsgemäßer Haushalt, der im Rahmen des europäischen Stabilitätspakts liege, sagte Koch, der die Koalitions-Arbeitsgruppe Finanzen für die Union angeführt hatte.

Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) verlangt von der SPD mehr Entgegenkommen in den Koalitionsgesprächen. "Die Sozialdemokraten haben ein Beharrungsvermögen, das so nicht gehen wird", sagte Wulff im Deutschlandradio Kultur.

Union und SPD wollen am Montag Nachmittag ihre Gespräche in der großen Verhandlungsrunde fortsetzen. Sie sind der Auftakt zu einem Verhandlungsmarathon bis Samstag, dann soll der Koalitionsvertrag stehen.

Müntefering knüpft höhere Mehrwertsteuer an Reichensteuer

Der scheidende SPD-Vorsitzende Franz Müntefering macht einem Bericht der Bild-Zeitung zufolge vor den entscheidenden Koalitionsverhandlungen von Union und SPD die so genannte Reichensteuer zur Bedingung für eine mögliche Erhöhung der Mehrwertsteuer.

"Wie das Kind genannt wird, ist nicht wichtig. Eines ist allerdings klar: Wir werden in den Koalitionsverhandlungen anderen Steuererhöhungen nur zustimmen, wenn auch die hohen Einkommen stärker belastet werden", sagte Müntefering dem Blatt.

Anders sei Rentnern und Familien nicht zu erklären, "warum sie auch ihren Beitrag leisten müssen, damit Bund, Länder und Gemeinden aus der Finanzmisere rauskommen", sagte der designierte Vizekanzler und Arbeitsminister der Großen Koalition. Wer viel verdiene, "der kann und muss mehr beitragen".

Der designierte Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) hatte noch am Sonntag erklärt, zwischen Mehrwertsteuererhöhung und Reichensteuer gebe es kein Junktim.

Auch für die geschäftsführende Bundesfamilienministerin Renate Schmidt (SPD) ist die Frage einer Mehrwertsteuererhöhung eng mit einer "Reichensteuer" verknüpft. "Wenn es unumgänglich ist, obwohl es wirtschaftlich wahrhaftig nicht besonders sinnvoll ist, dann muss auch eine Belastung, also ein Zuschlag, für diese hohen Einkommen dazukommen."

Schmidt, die dem neuen Kabinett nicht mehr angehören wird, ist vom Zustandekommen einer großen Koalition überzeugt. "Ich bin mir ganz sicher, dass am Ende dieser Woche ein Koalitionsvertrag stehen wird", sagte Schmidt im ZDF.

Müller und CDA für "Reichensteuer"

Am Wochenende hatte der saarländische Ministerpräsident Peter Müller (CDU) bereits ausdrücklich für das SPD-Konzept geworben. Die zusätzliche Steuer soll drei Prozent betragen und ab einem Jahreseinkommen von 250.000 Euro für Ledige und 500.000 Euro für Verheiratete greifen.

Auch der CDU-Arbeitnehmerflügel (CDA) zeigte sich kompromiss bereit. Der stellvertretende CDA-Chef Gerald Weiß sagte der Berliner Zeitung, in der schwierigen Finanzlage des Staates müssten grundsätzlich alle möglichen Lösungen durchgerechnet werden. "Wir brauchen Belastungsgerechtigkeit. Jeder soll tragen müssen, was er tragen kann", betonte Weiß.

Union erwartet Steuerkompromiss erst Ende der Woche

Allerdings ist mit einem Steuerkompromiss erst Ende der Woche zu rechnen. "Wir sind noch nicht über den Berg", sagte CDU-Parteivize Jürgen Rüttgers vor der Fortsetzung einer Unions-Klausursitzung in Berlin.

Thüringens Ministerpräsident Dieter Althaus (CDU) lehnte eine "Reichensteuer" ab, hält aber einen Kompromiss dennoch für möglich: "Warten wir mal ab."

CDU-Generalsekretär Volker Kauder sieht noch "einige wichtige Punkte", die geklärt werden müssen. Erst Ende der Woche rechne er mit einem Kompromiss in der Steuerpolitik. "Es kommt darauf an, niemanden zu überfordern, aber auch jeden im Rahmen seiner Leistungsfähigkeit mit heranzuziehen."

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