Großbritannien:Insel der Skeptiker

Die überwiegende Mehrheit der Briten wünscht ein Referendum über die EU-Reform. Doch das ist nicht das größte Problem von Premier Brown.

Wolfgang Koydl

Für Gordon Brown war das Lissabonner Treffen ein Ausflug in die Welt europäischer Gipfeldiplomatie. Großbritanniens rote Linien im Vertrag waren bereits von seinem Vorgänger Tony Blair festgeschrieben worden. Niemand hätte es gewagt, sie zu verschieben.

Augen zu und durch: Nach dem EU-Gipfel in Lissabon beginnt für Gordon Brown die Arbeit erst. (Foto: Foto: AP)

Der Regierungschef konnte also entspannt auf seine EU-Premiere anstoßen. Doch die Arbeit für ihn beginnt erst. Er muss nun einer skeptisch bis feindselig eingestellten Öffentlichkeit den Vertrag verkaufen.

Dabei droht nicht einmal so sehr die Gefahr, dass ihm ein Referendum aufgezwungen wird. Obwohl laut Umfragen 80 Prozent der Briten das im Wahlkampf 2005 von Labour gegebene Versprechen eingelöst sehen und befragt werden wollen, sind Presse-Kampagnen für eine Volksbefragung nicht vorangekommen.

Kritischer ist die Lage im Unterhaus, das nach Browns Planung binnen drei Monaten den Vertrag ratifizieren soll.

Abgesehen von den Konservativen wollen auch bis zu 100 Labour-Abgeordnete den Vertrag ablehnen. Darunter befinden sich ausgewiesene Pro-Europäer wie die deutschstämmige Gisela Stuart. Ihnen geht es um die Glaubwürdigkeit der Regierung. Wenn Labour den Wählern nicht traut, formulierte es Stuart, wie können die Wähler Labour trauen?

Euro-Kritiker richten ihre Hoffnungen auch auf Irland, wo die Verfassung ein Referendum vorschreibt. Regierungschef Bertie Ahern hat dabei drei Probleme: Er braucht eine große Beteiligung, muss seinen euro-skeptischen grünen Koalitionspartner zum Schweigen verdonnern, und hoffen, dass die Wähler das Referendum nicht dafür nutzen, ihm selbst einen Denkzettel zu verpassen.

© SZ vom 20.10.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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